Glutenfreie Ernährung: Trend oder medizinische Notwendigkeit?
Ein typischer Trend in unserer Gesellschaft ist die glutenfreie Ernährung. Immer mehr Menschen verzichten auf glutenhaltige Produkte – doch ist das wirklich sinnvoll? Dieser umfassende Ratgeber klärt auf über Zöliakie, die medizinischen Hintergründe und die wissenschaftlichen Fakten zur glutenfreien Ernährung.
Was ist
Zöliakie und wie wirkt sie sich aus?
Eine
Zöliakie ist eine chronische Autoimmunerkrankung des Dünndarms, die
lebenslang besteht und derzeit nicht geheilt werden kann. Bei Menschen mit
Zöliakie löst die Aufnahme von Gluten – einem Klebereiweiß, das hauptsächlich
in Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel vorkommt – eine Immunreaktion aus,
die sich verheerend auf den Verdauungstrakt auswirkt.
Der
Mechanismus dieser Erkrankung ist komplex: Wenn Betroffene glutenhaltige
Lebensmittel zu sich nehmen, reagiert das Immunsystem fehlerhaft und greift
die eigene Dünndarmschleimhaut an. Dies führt zu chronischen Entzündungen,
die langfristig die feinen Darmzotten schädigen. Diese fingerförmigen
Ausstülpungen der Darmwand sind jedoch essentiell für die Nährstoffaufnahme –
ihre Zerstörung hat weitreichende Folgen für den gesamten Organismus.
Die Symptome
einer Zöliakie sind vielfältig und können von Person zu Person stark
variieren. Zu den klassischen Beschwerden gehören anhaltender Durchfall,
der oft wässrig und voluminös ist, starke Bauchschmerzen und Krämpfe,
die besonders nach dem Essen auftreten, sowie ausgeprägte Blähungen mit
einem aufgetriebenen Bauchgefühl. Viele Betroffene leiden zudem unter ungewolltem
Gewichtsverlust, da die Nährstoffe nicht mehr ausreichend aufgenommen
werden können.
Besonders
tückisch ist die chronische Müdigkeit und Erschöpfung, die durch
Mangelerscheinungen entsteht. Der geschädigte Darm kann wichtige Vitamine,
Mineralstoffe und andere Nährstoffe nicht mehr effektiv resorbieren. Dies kann
zu Eisenmangel, Vitamin-B12-Mangel, Kalziummangel und weiteren Defiziten
führen, die sich in Blutarmut, Knochenschwäche, neurologischen Problemen und
anderen schwerwiegenden Gesundheitsstörungen manifestieren können.
Die Diagnose
einer Zöliakie erfolgt in mehreren Schritten und erfordert medizinische
Expertise. Zunächst werden spezifische Bluttests durchgeführt, die nach
charakteristischen Antikörpern suchen – insbesondere
Transglutaminase-Antikörper und Endomysium-Antikörper. Bei positivem Befund
folgt in der Regel eine Dünndarmbiopsie, bei der kleine Gewebeproben aus
dem Dünndarm entnommen und mikroskopisch untersucht werden. Nur so kann die
Diagnose zweifelsfrei gesichert werden.
Für Menschen
mit gesicherter Zöliakie ist eine strikte glutenfreie Diät die einzige
wirksame Therapie. Bereits kleinste Mengen Gluten können die
Entzündungsreaktion auslösen, weshalb Betroffene ihr Leben lang penibel auf die
Zusammensetzung ihrer Nahrung achten müssen. Bei konsequenter Einhaltung der
glutenfreien Ernährung können sich die Darmzotten jedoch regenerieren und die
Symptome verschwinden vollständig.
Was ist
Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität (NCGS)?
Neben der
Zöliakie existiert ein weiteres Krankheitsbild, das als Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität
(NCGS) oder einfach Glutensensitivität bezeichnet wird. Im Gegensatz
zur Zöliakie handelt es sich hierbei weder um eine Autoimmunerkrankung noch um
eine Allergie gegen Weizen. Betroffene reagieren zwar ebenfalls auf den Verzehr
von glutenhaltigen Lebensmitteln mit Beschwerden, doch die Mechanismen und die
Art der Reaktion unterscheiden sich grundlegend.
Bei NCGS
führt der Glutenkonsum nicht zu den für Zöliakie typischen Schäden an der
Dünndarmschleimhaut oder zur Produktion spezifischer Antikörper. Stattdessen
treten eine Reihe von Symptomen auf, die sowohl den Verdauungstrakt als auch
andere Körpersysteme betreffen können. Die genaue Ursache der NCGS ist bislang
noch nicht vollständig geklärt und Gegenstand intensiver Forschung. Es wird
vermutet, dass neben Gluten auch andere Bestandteile des Weizens, wie bestimmte
Kohlenhydrate (FODMAPs) oder ATIs (Amylase-Trypsin-Inhibitoren), eine Rolle
spielen könnten.
Vielfältige
Symptome
Die
Beschwerden bei NCGS sind oft unspezifisch und ähneln denen der Zöliakie oder
des Reizdarmsyndroms. Dazu gehören Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall oder
Verstopfung, aber auch extraintestinale Symptome wie chronische Müdigkeit,
Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Hautausschläge oder
Konzentrationsschwierigkeiten.
Ausschlussdiagnose
Die Diagnose
von NCGS ist komplex, da es keine eindeutigen Biomarker gibt. Sie erfolgt in
der Regel als Ausschlussdiagnose: Zunächst müssen Zöliakie und Weizenallergie
durch entsprechende Tests sicher ausgeschlossen werden. Anschließend wird eine
glutenfreie Diät für einen bestimmten Zeitraum eingehalten, um zu prüfen, ob
sich die Symptome bessern. Bestätigt wird die NCGS, wenn die Beschwerden bei
erneuter Glutenaufnahme wiederkehren.
Die
Fakten: Wie viele Menschen sind wirklich betroffen?
Die
wissenschaftlichen Daten zur Verbreitung von Zöliakie zeichnen ein klares Bild:
In Deutschland und anderen deutschsprachigen Ländern leiden etwa 1% der
Bevölkerung an einer diagnostizierten Zöliakie. Das bedeutet, dass
statistisch gesehen einer von hundert Menschen tatsächlich eine medizinische
Notwendigkeit hat, auf Gluten zu verzichten. Diese Prävalenz ist im
internationalen Vergleich relativ konstant und wurde durch zahlreiche
epidemiologische Studien bestätigt.
Interessanterweise
ist diese Zahl deutlich geringer als bei anderen
Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Zum Vergleich: An einer Laktose-Intoleranz,
also der Unverträglichkeit von Milchzucker, leiden im deutschsprachigen Raum
schätzungsweise 15-20% der Bevölkerung – das ist etwa jeder fünfte
Mensch. Die Laktose-Intoleranz ist damit zwanzigmal häufiger als die Zöliakie,
wird aber in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich weniger thematisiert.
Die
Prävalenz der Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität ist schwer genau zu bestimmen,
da es keine standardisierten diagnostischen Kriterien gibt und viele Menschen
sich selbst diagnostizieren. Schätzungen variieren stark, liegen aber oft höher
als die der Zöliakie. Studien deuten darauf hin, dass etwa 0,5% bis 6% der
Bevölkerung von NCGS betroffen sein könnten, wobei einige Berichte sogar höhere
Zahlen nennen. Es ist wichtig, eine professionelle Diagnose zu suchen, um
Fehldiagnosen und unnötige Einschränkungen der Ernährung zu vermeiden.
Trotz dieser
relativ niedrigen Betroffenenrate von lediglich 1-6% zeigt sich ein paradoxes
gesellschaftliches Phänomen: Aktuelle Umfragen und Marktstudien belegen,
dass mittlerweile bis zu 30% der Bevölkerung zeitweise oder dauerhaft
auf glutenhaltige Produkte verzichten – obwohl sie keine medizinische Diagnose
vorweisen können. Das bedeutet, dass für jeden einen Menschen mit tatsächlicher
Zöliakie dreißig Menschen ohne medizinische Notwendigkeit glutenfrei leben.
Dieser
bemerkenswerte Trend zur glutenfreien Ernährung wird durch verschiedene
gesellschaftliche Faktoren befeuert. Soziale Medien spielen dabei eine zentrale
Rolle: Influencer und selbsternannte Gesundheitsexperten propagieren
glutenfreie Ernährung als Wundermittel für mehr Energie, bessere Fitness und
Gewichtsverlust. Prominente Persönlichkeiten berichten von ihren angeblich
positiven Erfahrungen, und Lifestyle-Magazine präsentieren glutenfreie Rezepte
als moderne, gesundheitsbewusste Ernährungsform.
Die Lebensmittelindustrie
hat auf diesen Trend schnell reagiert und bietet mittlerweile ein riesiges
Sortiment an glutenfreien Produkten an – von Brot und Pasta über Kekse bis hin
zu Fertiggerichten. Diese Produkte sind oft deutlich teurer als ihre
glutenhaltigen Pendants, was einen lukrativen Markt geschaffen hat. Der Umsatz
mit glutenfreien Lebensmitteln ist in den letzten zehn Jahren exponentiell
gestiegen und erreicht mittlerweile Milliardenhöhe.
Doch hier
liegt ein fundamentales Missverständnis vor: Die große Mehrheit dieser
30% verzichtet ohne medizinischen Grund auf Gluten. Sie erhoffen sich
gesundheitliche Vorteile, die wissenschaftlich nicht belegt sind – oder gehen
sogar davon aus, dass glutenhaltige Lebensmittel grundsätzlich ungesund seien.
Diese Annahme ist nicht nur falsch, sondern kann, wie wir im nächsten Abschnitt
sehen werden, sogar gesundheitliche Nachteile mit sich bringen.
Die
wissenschaftliche Wahrheit: Warum glutenfreie Ernährung ohne Unverträglichkeit schadet
Die
wissenschaftliche Evidenz zur glutenfreien Ernährung bei gesunden Menschen ist
eindeutig – und überraschend: Der Verzicht auf Gluten ohne medizinische
Notwendigkeit bringt nicht nur keine Vorteile, sondern kann sogar erhebliche
gesundheitliche Nachteile nach sich ziehen. Eine der bedeutendsten Studien
zu diesem Thema wurde 2017 im renommierten British Medical Journal
veröffentlicht und liefert beeindruckende Langzeitdaten.
Diese großangelegte
prospektive Kohortenstudie begleitete über 100.000 Probanden über einen
Zeitraum von 26 Jahren und untersuchte den Zusammenhang zwischen
Glutenkonsum und dem Risiko für koronare Herzkrankheiten. Die Teilnehmer wurden
in fünf Gruppen eingeteilt – vom niedrigsten bis zum höchsten Glutenkonsum. Die
Ergebnisse waren für viele überraschend, widersprechen sie doch dem
weitverbreiteten Glauben, dass weniger Gluten gesünder sei.
Die Daten
zeigen ein klares Bild: Die Gruppe mit dem höchsten Gluten-Konsum hatte das
geringste Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Konkret wiesen die
Teilnehmer im obersten Fünftel der Glutenaufnahme eine Inzidenzrate für
koronare Herzkrankheiten von 277 Ereignissen pro 100.000 Personenjahre auf. Im
Gegensatz dazu zeigten die Teilnehmer im untersten Fünftel – also jene mit dem
geringsten Glutenkonsum – eine deutlich höhere Rate von 352 Ereignissen pro
100.000 Personenjahre.
Diese Zahlen
bedeuten eine unbereinigte Differenz von 75 weniger Fällen koronarer
Herzkrankheit pro 100.000 Personenjahre (95%-Konfidenzintervall: 51 bis 98) bei
den Menschen mit hohem Glutenkonsum. Statistisch ausgedrückt: Menschen, die
viel Gluten konsumieren, haben ein etwa 21% niedrigeres Risiko für
koronare Herzkrankheiten als Menschen mit geringem Glutenkonsum. Dies ist ein
medizinisch hochsignifikanter Unterschied.
Doch warum
ist das so? Die Erklärung liegt nicht im Gluten selbst, sondern in den Lebensmitteln,
die Gluten enthalten – insbesondere Vollkornprodukte. Wer auf Gluten
verzichtet, meidet zwangsläufig auch Vollkornweizen, Vollkornroggen und andere
glutenhaltige Vollkorngetreide. Diese sind jedoch zweifelsfrei gesund und
spielen eine zentrale Rolle für ein funktionierendes Herz-Kreislauf-System.
Vollkornprodukte
sind wahre Nährstoffbomben: Sie enthalten große Mengen an Ballaststoffen, die den
Cholesterinspiegel senken und die Darmgesundheit fördern. Sie liefern
B-Vitamine wie Thiamin, Riboflavin, Niacin und Folsäure, die für den
Energiestoffwechsel und die Zellfunktion essentiell sind. Zudem sind sie reich
an Mineralstoffen wie Magnesium, das für Herz und Muskeln wichtig ist, sowie
Eisen für die Blutbildung. Nicht zu vergessen sind die sekundären
Pflanzenstoffe – bioaktive Substanzen mit antioxidativer und
entzündungshemmender Wirkung.
Zahlreiche
wissenschaftliche Untersuchungen haben den schützenden Effekt von
Vollkornprodukten nachgewiesen. Sie senken nicht nur das Risiko für
Herzkrankheiten, sondern auch für Diabetes Typ 2, Darmkrebs, Schlaganfall und
sogar bestimmte neurodegenerative Erkrankungen. Die Ballaststoffe in Vollkorn
regulieren den Blutzuckerspiegel, fördern ein gesundes Darmmikrobiom und tragen
zur Gewichtskontrolle bei, indem sie lange sättigen.
Menschen,
die ohne medizinische Notwendigkeit auf Gluten verzichten, greifen häufig zu stark
verarbeiteten glutenfreien Ersatzprodukten. Diese industriell hergestellten
Alternativen basieren oft auf raffiniertem Reis-, Mais- oder Kartoffelmehl und
enthalten deutlich weniger Ballaststoffe und Nährstoffe als ihre
Vollkorn-Pendants. Um Geschmack und Konsistenz zu verbessern, werden oft mehr
Zucker, Fett und Zusatzstoffe verwendet. Das Resultat: weniger Nährstoffe,
mehr Kalorien, höherer glykämischer Index.
Die
wissenschaftliche Schlussfolgerung ist eindeutig: Eine glutenfreie Ernährung
ohne diagnostizierte Zöliakie oder Glutensensitivität ist nicht nur unnötig,
sondern potentiell gesundheitsschädlich. Sie beraubt den Körper wichtiger
Nährstoffe und erhöht langfristig das Risiko für schwerwiegende Erkrankungen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wer keine Unverträglichkeit hat, sollte auf Gluten
nicht verzichten.
Glutenfreie
Ernährung im Sport: Leistungskiller statt Leistungsbooster
Auch in der
Sportwelt hat sich der Mythos der glutenfreien Ernährung hartnäckig etabliert.
Manche Athleten und Trainer glauben, dass der Verzicht auf Gluten die
sportliche Leistungsfähigkeit steigert, zu schnellerer Regeneration führt oder
Entzündungen reduziert. Doch was sagt die Wissenschaft dazu? Mehrere
kontrollierte Studien haben dieses Thema systematisch untersucht – und die
Ergebnisse sind ernüchternd für Befürworter der glutenfreien Sport-Ernährung.
Eine randomisierte
kontrollierte Studie mit Ausdauersportlern zeigte keine messbaren
Unterschiede in der Leistungsfähigkeit zwischen einer glutenhaltigen und
glutenfreien Diät. Die Probanden absolvierten Zeitfahren, Ausdauertests und
Kraftmessungen – in keinem Parameter konnte ein Vorteil der glutenfreien
Ernährung nachgewiesen werden. Weder die maximale Sauerstoffaufnahme, noch die
Laktatwerte oder die subjektive Belastungswahrnehmung unterschieden sich
signifikant.
Weitere
Untersuchungen mit Radfahrern, Läufern und Triathleten kamen zu ähnlichen
Ergebnissen: Glutenfreie Ernährung bringt bei Sportlern ohne Zöliakie
keinerlei Leistungsvorteile. Im Gegenteil – einige Studien deuten sogar auf
potenzielle Nachteile hin. Der Grund liegt in der Nährstoffzusammensetzung der
Ernährung: Glutenhaltige Vollkornprodukte sind für Ausdauersportler eine ideale
Energiequelle.
Vollkorngetreide
liefert komplexe Kohlenhydrate mit mittlerem bis niedrigem glykämischen Index. Diese werden
langsam und kontinuierlich ins Blut abgegeben und sorgen für eine stabile
Energieversorgung über längere Zeiträume – ideal für Ausdauerbelastungen. Zudem
enthalten sie mehr Protein als raffinierte Getreidealternativen und liefern
wichtige Mikronährstoffe wie Magnesium für die Muskelfunktion, Eisen für den
Sauerstofftransport und B-Vitamine für den Energiestoffwechsel.
Profiathleten,
die ohne medizinische Notwendigkeit auf Gluten verzichten, berauben sich
damit einer wertvollen Kohlenhydratquelle ohne messbaren Vorteil. Die
glutenfreien Ersatzprodukte, auf die sie ausweichen, sind oft nährstoffärmer
und weniger gut für die sportliche Leistung geeignet. Zudem ist eine
glutenfreie Ernährung im Trainingsalltag und auf Reisen deutlich aufwendiger und
einschränkender.
Einige
Athleten berichten zwar subjektiv von Verbesserungen durch glutenfreie
Ernährung – dies lässt sich jedoch meist durch den Placebo-Effekt
erklären oder dadurch, dass sie gleichzeitig ihre gesamte Ernährung umgestellt
und bewusster gegessen haben. In doppelblinden Studien, bei denen weder
Sportler noch Betreuer wussten, wer glutenfrei isst, verschwanden diese
subjektiven Vorteile.
Die klare
Botschaft für Sportler lautet: Ohne diagnostizierte Zöliakie oder
Glutensensitivität gibt es keinen Grund, auf Gluten zu verzichten.
Vollkornprodukte sollten fester Bestandteil einer ausgewogenen Sporternährung
sein. Sie unterstützen die Leistungsfähigkeit, fördern die Regeneration und
tragen zur langfristigen Gesundheit bei – weit mehr als jedes glutenfreie
Trendprodukt.
Wann ist
glutenfreie Ernährung wirklich sinnvoll?
Nach all den
wissenschaftlichen Fakten stellt sich die berechtigte Frage: Für wen ist eine
glutenfreie Ernährung tatsächlich notwendig und sinnvoll? Die Antwort basiert
auf medizinischen Diagnosen und wissenschaftlichen Kriterien – nicht auf Trends
oder subjektiven Empfindungen. Es gibt drei Hauptgruppen, für die der
Verzicht auf Gluten medizinisch begründet und absolut notwendig ist.
An erster
Stelle stehen Menschen mit diagnostizierter Zöliakie. Wie bereits
ausführlich dargelegt, handelt es sich dabei um eine Autoimmunerkrankung, bei
der der Verzehr von Gluten zu chronischen Entzündungen und Darmschäden führt.
Für diese etwa 1% der Bevölkerung ist eine strikte, lebenslange glutenfreie
Ernährung die einzige wirksame Therapie. Bereits kleinste Mengen Gluten –
selbst Spuren durch Kreuzkontamination – können die Symptome auslösen. Diese
Menschen sind auf speziell gekennzeichnete glutenfreie Produkte angewiesen und
müssen in ihrem Alltag äußerst wachsam sein.
Die zweite
Gruppe umfasst Personen mit einer Weizenallergie. Im Unterschied zur
Zöliakie handelt es sich hier um eine echte IgE-vermittelte Allergie gegen
Weizenproteine. Die Symptome können von Hautausschlägen und Atembeschwerden bis
hin zu lebensbedrohlichen anaphylaktischen Reaktionen reichen. Menschen mit Weizenallergie
müssen Weizen und oft auch verwandte Getreide meiden. Die Diagnose erfolgt
durch Allergietests und sollte von einem Allergologen gestellt werden.
Die dritte
und kontroverseste Gruppe sind Menschen mit nachgewiesener
Glutensensitivität (auch Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität genannt). Bei
dieser Erkrankung treten nach dem Verzehr glutenhaltiger Lebensmittel
Beschwerden auf – ähnlich wie bei Zöliakie – ohne dass die charakteristischen
Autoimmunmarker oder Darmschäden nachweisbar sind. Die Diagnose ist schwierig
und erfolgt durch Ausschluss anderer Erkrankungen sowie durch kontrollierte
Eliminationsdiäten unter ärztlicher Aufsicht.
Wichtig ist:
Die Diagnose dieser Erkrankungen sollte immer durch medizinische Fachkräfte
erfolgen – idealerweise durch einen Gastroenterologen oder Allergologen.
Selbstdiagnosen oder Tests aus dem Internet sind nicht aussagekräftig und
können zu unnötigen Ernährungseinschränkungen führen. Vor einer Testung sollte
Gluten auf keinen Fall schon aus der Ernährung entfernt werden, da dies die
Testergebnisse verfälschen kann.
Für alle
anderen Menschen – also die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung – ist eine
glutenfreie Ernährung nicht nur unnötig, sondern potenziell nachteilig.
Die wissenschaftlichen Daten zeigen klar, dass der Verzicht auf glutenhaltige
Vollkornprodukte das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht, zu
Nährstoffdefiziten führen kann und keinerlei gesundheitliche oder sportliche
Vorteile bringt.
Die zentrale
Botschaft lautet: Glutenfreie Ernährung ist eine medizinische Therapie,
keine Lifestyle-Entscheidung. Sie sollte nur bei nachgewiesener
medizinischer Notwendigkeit erfolgen. Wer ohne Diagnose auf Gluten verzichtet,
folgt einem wissenschaftlich nicht begründeten Trend, der langfristig mehr
schadet als nützt. Eine ausgewogene Ernährung mit Vollkornprodukten ist für die
allermeisten Menschen die gesündeste Wahl.
Fazit:
Evidenz statt Trends folgen
Die
wissenschaftliche Evidenz zur glutenfreien Ernährung ist eindeutig und lässt
wenig Raum für Interpretation: Für die überwältigende Mehrheit der Menschen
ist der Verzicht auf Gluten unnötig und potentiell gesundheitsschädlich.
Nur etwa 1% der Bevölkerung leidet an Zöliakie und benötigt tatsächlich eine
strikte glutenfreie Ernährung. Hinzu kommen einige wenige Menschen mit
Weizenallergie oder nachgewiesener Glutensensitivität. Für alle anderen – also
etwa 98% der Bevölkerung – bringt glutenfreie Ernährung keinerlei Vorteile.
Die
großangelegte 26-Jahres-Studie mit über 100.000 Teilnehmern hat eindrucksvoll
gezeigt: Menschen mit dem höchsten Glutenkonsum hatten ein signifikant
niedrigeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Menschen mit
geringem Glutenkonsum. Der Unterschied von 75 weniger Fällen koronarer
Herzkrankheit pro 100.000 Personenjahre ist medizinisch höchst relevant und
unterstreicht die schützende Wirkung glutenhaltiger Vollkornprodukte.
Vollkorngetreide
zählt zu den wertvollsten Lebensmittelgruppen überhaupt: Reich an
Ballaststoffen, B-Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen,
schützen sie nachweislich vor Herzkrankheiten, Diabetes Typ 2, Darmkrebs und
vielen weiteren chronischen Erkrankungen. Wer ohne medizinische Notwendigkeit
auf Gluten verzichtet, beraubt sich dieser wertvollen Nährstoffe und greift
stattdessen oft zu stark verarbeiteten, nährstoffarmen Ersatzprodukten mit
hohem Zucker- und Fettgehalt.
Auch für Sportler
gilt: Glutenfreie Ernährung bringt keinerlei Leistungsvorteile. Multiple
Studien konnten keine messbare Verbesserung der sportlichen Performance durch
Glutenverzicht nachweisen. Stattdessen liefern glutenhaltige Vollkornprodukte
komplexe Kohlenhydrate – die ideale Energiequelle für Ausdauersportler und
essentiell für optimale Leistungsfähigkeit.
Der aktuelle
Trend, dass bis zu 30% der Bevölkerung ohne medizinische Indikation glutenfrei
leben, basiert auf Fehlinformationen und Marketing, nicht auf
wissenschaftlichen Fakten. Influencer, Lifestyle-Magazine und die
Lebensmittelindustrie haben ein lukratives Geschäftsmodell erschaffen, das von
Unsicherheit und Gesundheitsängsten profitiert. Die Realität ist jedoch klar:
Für gesunde Menschen ist Gluten völlig unbedenklich und glutenhaltige
Vollkornprodukte sind Teil einer gesunden Ernährung.
Die
Empfehlung ist daher eindeutig: Verzichten Sie nur dann auf Gluten, wenn Sie eine
diagnostizierte Zöliakie, Weizenallergie oder nachgewiesene Glutensensitivität
haben. Lassen Sie sich bei Verdacht von medizinischen Fachkräften untersuchen –
nicht von selbsternannten Experten im Internet. Und wenn Sie gesund sind,
genießen Sie Vollkornbrot, Vollkornnudeln und andere glutenhaltige
Vollkornprodukte als das, was sie sind: wertvolle Bausteine einer ausgewogenen,
gesundheitsfördernden Ernährung.
Folgen Sie
der Wissenschaft, nicht den Trends. Ihr Körper wird es Ihnen danken –
insbesondere Ihr Herz-Kreislauf-System.
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