Warum persönliche Betreuung beim Krafttraining der Gamechanger ist – neue Studienergebnisse
Hintergrund:
Krafttraining ist eine der effektivsten Methoden zur Verbesserung von Muskelmasse, Kraft und allgemeiner Gesundheit. In den letzten Jahren haben sich verschiedene Trainingsansätze etabliert – von klassisch betreuten Trainingseinheiten mit persönlichem Coaching bis hin zu digitalen Lösungen wie Trainings-Apps oder selbst erstellten Trainingsplänen im PDF-Format. Während betreutes Training oft als Goldstandard gilt, bieten App-basierte und selbstgesteuerte Programme eine flexible und kostengünstige Alternative. Dennoch besteht Unsicherheit darüber, wie effektiv diese unterschiedlichen Trainingsformen im Vergleich zueinander sind, insbesondere bei trainierten Erwachsenen.
Studien zeigen, dass die Qualität der Anleitung, persönliche Betreuung und Feedback eine entscheidende Rolle für Trainingserfolge spielen. Gleichzeitig ermöglichen digitale Formate eine höhere Skalierbarkeit und Unabhängigkeit. Der Einsatz moderner Technologien in der Trainingssteuerung nimmt stetig zu, doch es bleibt die Frage, inwieweit sie traditionelle Betreuung ersetzen oder ergänzen können. Die Untersuchung dieser Trainingsansätze in Bezug auf Körperzusammensetzung, Kraftzuwächse, subjektives Wohlbefinden und Trainingsadhärenz ist daher von großer Bedeutung, um bestmögliche Trainingsstrategien zu entwickeln. Eine neue Untersuchung von unserem Head of Education Dr. Simon Gavanda geht genau hier drauf ein (Gavanda et al., 2025).
Was wurde gemacht?
Im Rahmen dieser Studie (Gavanda et al., 2025) wurde der Einfluss verschiedener Trainingsbetreuungsformen auf die Trainingsleistung, Motivation und Adhärenz untersucht. Dafür wurden insgesamt 79 Probanden rekrutiert, die in drei Gruppen aufgeteilt wurden. Alle Teilnehmer waren sportlich aktiv, zwischen 18 und 58 Jahre alt, hatten mindestens 1 Jahr Trainingserfahrung und keine gesundheitlichen Einschränkungen, die das Training beeinträchtigen könnten.
Studiendesign und Gruppenaufteilung:
Die Teilnehmer wurden randomisiert einer von drei Trainingsgruppen zugeteilt:
Betreute Trainingsgruppe (Coach): Diese Gruppe trainierte unter kontinuierlicher Anleitung und Überwachung eines erfahrenen Trainers. Der Trainer gab individuelle Rückmeldungen, passte Übungen und Intensitäten an und motivierte die Teilnehmer während der 10-wöchigen Trainingsphase. Die Teilnehmer absolvierten drei Trainingseinheiten pro Woche mit einem Schwerpunkt auf Kraft- und Muskelaufbau.
App-basierte Trainingsgruppe: Die zweite Gruppe trainierte eigenständig mithilfe einer interaktiven Trainings-App. Die App stellte den Trainingsplan mit Übungen, Satz- und Wiederholungszahlen bereit, bot jedoch kein direktes persönliches Feedback. Die App inkludierte Anleitungsvideos zur Trainingstechnik, Überwachung der Einhaltung, Fortschrittsverfolgung und zeitverzögertes Feedback zur Ausführungstechnik per Video. Die Probanden wurden angewiesen, die App regelmäßig zu verwenden und die vorgeschriebenen Trainingsinhalte zu absolvieren.
PDF-basierte Trainingsgruppe: Die dritte Gruppe erhielt einen statischen Trainingsplan in Form eines PDFs, der eigenständig zu Hause oder im Fitnessstudio umgesetzt werden sollte. Es erfolgte keine weitere Betreuung oder Rückmeldung während der Studie. Auch hier war das Trainingsvolumen mit drei Einheiten pro Woche vorgegeben.
Trainingsprogramm:
Das Trainingsprogramm war für alle Gruppen inhaltlich vergleichbar und fokussierte sich auf Grundübungen für die großen Muskelgruppen (z. B. Kniebeugen, Bankdrücken, Kreuzheben). Die Trainingsintensität wurde zu Studienbeginn mittels eines 1-Repetition-Maximum-Tests (1RM) bestimmt und in den darauffolgenden Wochen durch progressive Belastungssteigerungen angepasst.
Datenerhebung:
Vor Beginn und nach Abschluss der 10-wöchigen Trainingsphase wurden folgende Messungen durchgeführt:
Körperzusammensetzung: mittels Bioimpedanzanalyse zur Erfassung von Muskelmasse, Fettanteil und Gesamtkörperwasser.
Maximalkraft: Bestimmung des 1RM in den drei Grundübungen Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben.
Motivation und Trainingsadhärenz: Erfasst durch standardisierte Fragebögen, welche die subjektive Motivation, Trainingszufriedenheit und Einhaltung des Trainingsplans abbilden. Zusätzlich dokumentierten die Teilnehmer ihr Training in einem Tagebuch.
Was waren die Ergebnisse?
Körperzusammensetzung:
Die Analyse zeigte signifikante Wechselwirkungen und Gruppeneffekte bei der Körpermasse (BM). Die Coach -Gruppe (SUP) verzeichnete einen signifikanten Anstieg der Körpermasse von vor bis nach der Intervention und war im Vergleich zur PDF-Gruppe überlegen. Beim Fettmasseanteil (FM) wurden zwar keine signifikanten Interaktionen gefunden, jedoch zeigten sich Zeit- und Gruppeneffekte. Besonders in der App-Gruppe (APP) stieg die Fettmasse signifikant leicht an.
Für die fettfreie Masse (FFM) wurden signifikante Interaktionen und Gruppeneffekte beobachtet. Die SUP-Gruppe zeigte einen deutlichen Anstieg der FFM, der signifikant größer war als in der APP- und PDF-Gruppe. Bei der Muskelmasse (MM) gab es keine signifikanten Interaktionen, jedoch signifikante Effekte über die Zeit und zwischen den Gruppen. Hier stiegen die Muskelmasse in der Coach-Gruppe und auch in der PDF-Gruppe signifikant an, wobei die SUP-Gruppe deutlich bessere Zuwächse als die APP-Gruppe erzielte.
Maximalkraft:
Die Analyse der Squat 1RM-Leistung zeigte signifikante Wechselwirkungen sowie Zeit- und Gruppeneffekte. Alle drei Gruppen – SUP, APP und PDF – verbesserten ihre Squat-1RM-Werte signifikant von vor bis nach der Intervention. Die SUP-Gruppe erzielte dabei deutlich größere Zuwächse als sowohl die APP- als auch die PDF-Gruppe.
Beim Bench Press 1RM wurden keine signifikanten Gruppen- oder Interaktionseffekte festgestellt, jedoch zeigte sich ein signifikanter Zeit-Effekt. Das bedeutet, dass alle Gruppen ihre Bench Press-1RM-Leistungen im Verlauf der Studie signifikant verbessern konnten.
Die Ausgangswerte (Baseline) hatten in beiden Krafttests einen starken Einfluss auf die Ergebnisse nach der Intervention, was die Bedeutung des individuellen Anfangsniveaus für die Leistungsentwicklung unterstreicht.
Statistisch waren die Unterschiede zwischen der Coach-Gruppe und den anderen beiden Gruppen signifikant (p < 0,05), ebenso zeigte die App-Gruppe signifikant bessere Ergebnisse als die PDF-Gruppe (p < 0,05).
Die Untersuchung zum subjektiven Wohlbefinden, gemessen mit dem WHO-5 Fragebogen, zeigt spannende Ergebnisse: Zwar gab es keine Wechselwirkung zwischen Gruppe und Zeit, aber sowohl der zeitliche Verlauf als auch die Gruppenzugehörigkeit hatten einen klaren Einfluss.
Besonders bemerkenswert ist, dass die Gruppe mit persönlicher Betreuung (SUP) einen deutlichen Anstieg ihres Wohlbefindens von vor bis nach der Trainingsphase verzeichnen konnte. Auch die Gruppe, die mit einem PDF-Trainingsplan arbeitete, zeigte eine signifikante Verbesserung – wenn auch in kleinerem Umfang.
Fazit
Die neueste Studie zeigt: Wer beim Krafttraining auf persönliche Betreuung setzt, erzielt deutlich bessere Ergebnisse – besonders wenn es um den Muskelaufbau, Maximalkraft und das Wohlbefinden geht.
Während APP- und PDF-Training zwar ebenfalls effektiv waren, fielen die erzielten Verbesserungen insgesamt geringer aus. Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung direkter Betreuung – insbesondere bei technisch anspruchsvollen Übungen und bei Personen, die eine höhere Verantwortlichkeit benötigen. Gleichzeitig zeigen sie das Potenzial von app-basiertem Training als skalierbare, hybride Lösung, die durch gelegentliche persönliche oder telepräsente Unterstützung ergänzt werden kann.
Für Trainer und Praktiker bedeutet dies, dass eine Anpassung des Betreuungsgrades an die Komplexität der Übungen und die individuellen Bedürfnisse der Trainierenden die Trainingsresultate optimieren kann. Coaches sollten sich in überwachten Trainingssettings darauf konzentrieren, gezieltes Feedback zu geben und die Motivation zu fördern, während app-basierte Tools genutzt werden können, um die Trainingsadhärenz zu verbessern und eine größere Reichweite zu ermöglichen.
Quelle
Gavanda, Simon1; Held, Steffen2; Schrey, Sascha1; Oberwetter, Katharina1; Lazzaro, Pier-Gino M.3; Pergelt, Markus1; Geisler, Stephan1. Optimizing Resistance Training Outcomes: Comparing In-Person Supervision, Online Coaching, and Self-Guided Approaches: A Randomized Controlled Trial. Journal of Strength and Conditioning Research ():10.1519/JSC.0000000000005216, July 30, 2025. | DOI: 10.1519/JSC.0000000000005216
Kommentare
Kommentar veröffentlichen