Mikroplastik in Lebensmitteln und im Wasser – Neue Studie zeigt Alltags-Gefahrenquellen
Glasklar, erfrischend, alltäglich – doch was mit jedem Schluck im Körper landet, blieb lange unbemerkt. Forschende stoßen nun auf etwas, das viele bisher übersehen haben.
Ein Griff
ins Regal, ein Dreh am Verschluss – und schon ist der Durst gelöscht.
Flaschenwasser gehört für viele zum Alltag wie der Kaffee am Morgen. Es gilt
als gesund, sauber, erfrischend. Doch jetzt bringt eine neue wissenschaftliche
Untersuchung aus den USA Erkenntnisse ans Licht, die nicht nur überraschen,
sondern auch Fragen aufwerfen. Was wir täglich zu uns nehmen, könnte eine
bislang unterschätzte Nebenwirkung haben – unsichtbar, aber nicht unbedeutend.
Plastik ist
allgegenwärtig – in den Ozeanen, im Ackerboden, im Schnee der Antarktis. Doch
besonders beunruhigend ist ein neuer Fund. In Wasserflaschen wurden jetzt nicht
nur Mikro-, sondern massenhaft Nanoplastikartikel nachgewiesen. Die winzigen
Teilchen sind so klein, dass sie mühelos durch unsere Organe wandern. Eine
US-Studie der University of Columbia brachte ans Licht, was viele schon
befürchtet hatten – das Wasser aus der PET-Flasche ist womöglich eine tickende
Zeitbombe. Seit Jahresbeginn gilt außerdem ein Verbot für eine Substanz, die
bisher in vielen wiederverwendbaren Plastikflaschen verarbeitet wurde.
Früher
sprachen Forscher von ein paar hundert Plastikteilen pro Liter. Die neue Studie
der Columbia University hat mithilfe einer Lasertechnik allerdings
nachgewiesen, dass es in Wirklichkeit eher 240.000 Teilchen sind, zumindest
die, die sich aktuell messen lassen. 90 Prozent dieser Teilchen sind so winzig,
dass sie unter der Kategorie „Nanoplastik“ fallen – kleiner als ein Staubkorn,
unsichtbar fürs Auge, aber offenbar sichtbar für unsere Körperzellen.
Ein
Schluck, viele Teilchen: Wie unser Trinkwasser zur Plastikquelle wird
Die kleinen
Teilchen kommen jedoch nicht einfach aus dem Nichts. Beim Öffnen einer Flasche,
beim Drücken, bei der Hitze – überall entstehen winzige Abriebe, erklärt die
St. Leonhards Akademie. Selbst bei der sogenannten Reinigung vor dem Abfüllen
gelangen Partikel ins Wasser. Ausgerechnet die Plastikfilter, die das Wasser
sauber machen sollen, setzen dem Getränk noch eine Extra-Portion Kunststoff zu.
Besonders
häufig stießen die Forschenden auf Polyethylenterephthalat – kurz PET. Kaum
verwunderlich, schließlich steckt der Kunststoff nicht nur im Namen, sondern
auch im Material der Flaschen selbst. Ebenfalls laut der St. Leonhards Akademie
unter den Funden: Die Kunststoffe Polyamid (PA), Polystyrol (PS),
Polyvinylchlorid (PVC) und Polymethylmethacrylat (PMMA), die alle in
verschiedenen industriellen Prozessen verwendet werden. Das Problematische ist
allerdings, dass das Nanoplastik nicht nur im Magen bleibt. Es passiert die
Darmwand, landet im Blut, im Gehirn und sogar in der Plazenta.
Vom
Wasserglas ins Nervensystem: Was Mikroplastik im Körper anrichten kann
Um die
Wirkung der winzigen Partikel besser zu verstehen, wagten Forschende der
University of Rhode Island in den Vereinigten Staaten ein Experiment. Sie gaben
60 älteren und jüngeren Mäusen drei Wochen lang Wasser, das mit Mikroplastik
versetzt worden war. Zum Vergleich gab es eine Mäusegruppe, die reines Wasser
erhielt.
Das
Ergebnis: Die Mäuse mit Plastik im Körper zeigten Verhaltensweisen, die an
Demenz erinnerten. Orientierungslosigkeit, verlangsamte Reaktionen, auffällige
Unruhe. Bei der anschließenden Gewebeanalyse fanden die Wissenschaftler Plastik
in fast allen Organen – Leber, Nieren, Herz, sogar im Gehirn. Die Partikel
hatten die Blut-Hirn-Schranke überwunden und waren bis tief ins Nervengewebe
vorgedrungen, berichtet die St. Leonhards Akademie.
Da aber
Mäusehirne nicht unbedingt mit Gehirnen von Menschen vergleichbar sind kann man
die Studienergebnisse nicht auf den Menschen verallgemeinern. Hier bedarf es
weitere Untersuchungen
Plastik
im Wasser: Frühere Tests zeigten bereits zehntausende Teilchen pro Liter
Bereits 2020
gab es erste alarmierende Hinweise auf den Plastikgehalt in Wasserflaschen.
ÖKO-TEST ließ damals rund 70 in Deutschland verkaufte Mineralwässer auf
Kunststoffspuren untersuchen – mit einem Fokus auf antimonhaltige Partikel, die
auf PET-Kunststoff zurückzuführen sind. Denn Antimontrioxid wird bei der
Herstellung von PET-Flaschen eingesetzt, sein Nachweis gilt daher als Indikator
für mikroplastische Rückstände.
In 27 von 61
getesteten Wässern, also rund 44 Prozent, steckten messbare Mengen an
Plastikpartikeln. Die Spannweite reichte von 5.000 bis über 100.000 Teilchen
pro Liter – je nach Flasche, Marke und Verpackungstyp, so ÖKO-TEST. Besonders
auffällig waren Einwegflaschen, bei denen die Belastung in mehreren Fällen die
1000.000er-Marke überschritt. Mikro- und Nanoplastik sind allerdings nicht nur
in Wasser, sondern auch in Lebensmitteln zu finden.
Mikro-
und Nanoplastik sind allgegenwärtig – auch in Lebensmitteln
Mikroplastik
bezeichnet Polymer-Partikel oder -fasern, die zwischen einem Mikrometer (1 µm =
0,001 mm) und fünf Millimetern groß sind. Nanoplastik hingegen werden winzige
Teilchen genannt, die weniger als ein Mikrometer messen. Diese Partikel finden
sich im Alltag in Kosmetikprodukten wie Lippenstiften, Peelings und Duschgels
sowie in einigen Lebensmitteln, darunter Bier, Honig, Kaugummi, Kochsalz,
Mineralwasser und Obst und Gemüse. Eine Studie der Universität Catania aus dem
Jahr 2021 zeigte, dass Äpfel besonders stark belastet sind, während der Gehalt
in Salat vergleichsweise gering ist.
In Fisch und
Meeresfrüchten ist die Belastung durch Mikro- und Nanoplastik aufgrund des
kritischen Zustands der Weltmeere besonders hoch. Eine 2019 von Greenpeace in
der Türkei durchgeführte Studie ergab, dass 44 Prozent der untersuchten Fische
und 91,2 Prozent der Muscheln Mikro- und Nanoplastik enthielten. Dies könnte
darauf hindeuten, dass man Fisch und Meeresfrüchte nicht zu häufig konsumieren
sollte.
Gehirne
von Demenzkranken weisen einen deutlich erhöhten Anteil von Mikro- und
Nanoplastik-Partikel auf
Untersuchungen
deuten darauf hin, dass Gehirne von Demenzkranken vergleichsweise viel
Mikroplastik aufweisen. Laut dem Magazin Nature Medicine legen jüngste Studien
nahe, dass MNP in Plaques in der Halsschlagader vorkommen könnten, die bei
einer Carotisstenose auftreten. Das gesundheitsschädliche Potenzial von MNP ist
jedoch noch nicht vollständig erforscht und eine direkte
Ursache-Wirkung-Beziehung nicht nachgewiesen. Bekannt ist jedoch, dass
Patientinnen und Patienten mit Plaques in der Halsschlagader einem höheren
Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle ausgesetzt sind, wie eine Studie des
New England Journal of Medicine kürzlich zeigte.
Nature
Medicine weist auch darauf hin, dass Studien eine Häufung von Mikro- und
Nanoplastik in Gehirnen von Verstorbenen mit Demenz-Diagnose zeigten. Diese
Gehirne wiesen einen drei- bis fünffach höheren Anteil an MNP im Vergleich zu
solchen ohne Demenz-Diagnose auf. Obwohl die Studie zeigt, dass MNP die
Blut-Hirn-Schranke passieren können, bleibt unklar, warum dies besonders bei
Demenz-Patientinnen und -Patienten geschieht. Es wird vermutet, dass Demenz die
Blut-Hirn-Schranke schwächen könnte, was den Eintritt von MNP ins Gehirn
erleichtert. Eine andere Möglichkeit, die von der Genomic Press in Betracht
gezogen wird, ist, dass die Partikel im Gehirn eine Mikroinflammation auslösen
und den Protein-Abbau hemmen, was die Neurodegeneration bei Demenzkranken verschlimmern
könnte.
Mit
diesen Tipps lässt sich die Aufnahme von Mikro- und Nanoplastik reduzieren
Es ist zwar
unrealistisch, die Aufnahme von Mikro- und Nanoplastik vollständig zu
vermeiden, schließlich nimmt der Mensch den größten Teil schon über die
Atemluft auf. Aber es ist möglich, andere Hauptquellen reduzieren. Die Genomic
Press hebt vier grundlegende Maßnahmen hervor. Eine davon ist der Umstieg von
Flaschenwasser, insbesondere aus Plastikflaschen, auf Leitungswasser. Dies
könnte die jährliche Aufnahme von Mikro- und Nanoplastik-Partikeln von etwa
90.000 auf 4.000 Partikel senken, wie eine Untersuchung der American Chemical
Society aus dem Jahr 2019 nahelegt.
Eine weitere
wirksame Methode zur Reduzierung der MNP-Aufnahme besteht darin, das Erhitzen
von Lebensmitteln mit Plastikanteilen zu vermeiden. Teebeutel enthalten oft
Kunststoff, und eine US-Studie aus dem Jahr 2019 deutet darauf hin, dass sie
beim Erhitzen viele MNP freisetzen. Auch die Lagerung von Lebensmitteln kann
zur Belastung mit MNP beitragen. Eine Studie zu Mikroplastik in
Lebensmittelkonserven zeigte, dass der tägliche Konsum von Dosensuppe über fünf
Tage den Bisphenol-A-Spiegel im Urin der Probandinnen und Probanden um mehr als
1000 Prozent erhöhte, weshalb besser auf Dosensuppen verzichtet werden sollte.
Eine andere Studie wies auf ein um das Dreißigfache erhöhtes Vorkommen von Mikro- und Nanoplastik in stark verarbeiteten Lebensmitteln wie Chicken-Nuggets hin, weshalb es ratsam ist, diese zu meiden. Die Genomic Press empfiehlt generell, Glas- oder Edelstahlbehälter anstelle von Plastikgefäßen zu verwenden und das Erhitzen von Lebensmitteln in Plastikbehältern, insbesondere in der Mikrowelle, zu vermeiden. Auch die langfristige Lagerung von Lebensmitteln in Plastik, sei es im Kühlschrank oder bei Raumtemperatur, führt zu einer erheblichen Freisetzung von Plastik.
„Kunststoffe
sind heutzutage überall“, schreibt das Bundesinstitut für Risikobewertung. Die
globale Produktion wächst und immer mehr Mikroplastik gelangt als Abfallprodukt
in die Umwelt. Die gute Nachricht: „Nach dem derzeitigen Stand des Wissens ist
es unwahrscheinlich, dass von Mikroplastik in Lebensmitteln und Wasser gesundheitliche
Risiken für gesunde Menschen ausgehen. Trotzdem wird eine Vielzahl von
Erkrankungen und Störungen mit Mikroplastik in Verbindung gebracht. Der BUND
nennt: Brustkrebs, Unfruchtbarkeit, verfrühte Pubertät, Fettleibigkeit,
Allergien und Diabetes. Laut einer WWF-Studie nehmen Menschen weltweit durchschnittlich
bis zu fünf Gramm Mikroplastik pro Woche über Nahrung, Luft und Wasser auf. Die
Menge möglichst stark zu reduzieren, schadet mit Sicherheit nicht.
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