Hafer und Herzgesundheit

 

Hafer (Avena sativa) erfährt gerade eine deutliche Aufwertung durch sein Potenzial als natürlicher Senker des LDL-Cholesterins. Hafer ist aber ein Phytopharmakon, das noch deutlich mehr kann, als das LDL-Cholesterin zu beeinflussen. Bei Phytopharmaka handelt es sich um Wirkstoffe rein pflanzlicher Herkunft, die seit Menschengedenken zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden.

Wie alle Phytopharmaka ist auch der Hafer ein Vielstoffgemisch, dessen Wirkung auf vielen verschiedenen Inhaltsstoffen beruht und von dem aktuell noch gar nicht alle Wirkungen klar definiert sind. Es zeigt sich jedoch immer mehr, dass Hafer sich positiv auf die Herzgesundheit auswirkt. Es unterscheidet sich von anderen Getreiden insbesondere durch seine hohe Konzentration spezifischer funktioneller Bestandteile:

  • Beta-Glucane (lösliche Ballaststoffe)
  • Avenanthramide (Antioxidantien)
  • Ungesättigte Fettsäuren (besonders Linolsäure)
  • Mikronährstoffe wie Magnesium, Kalium, Zink und Vitamin E

Beta-Glucane

Bei Beta-Glucanen handelt es sich um lösliche Ballaststoffe, für die in Studien nachgewiesen werden konnte, dass der Cholesterinspiegel günstig beeinflusst wird. Genauer formuliert handelt es sich um hochmolekulare Polysaccharide, die im Duodenum eine visköse Matrix bilden. Im Gegensatz zum Wirkmechanismus von Statinen, die im Mevalon­säure­stoffwechsel das Enzym HMG-CoA-­Reduktase hemmen und so auch die Q10-Produktion hemmen, verzögert diese Beta-Glucan- Matrix die Resorption von Cholesterin und gesättigten Fetten, bindet Gallensäuren und erhöht deren Ausscheidung. Die gesteigerte Gallensäureausscheidung wiederum zwingt die Leber, vermehrt Cholesterin in Gallensäuren umzuwandeln, was die Expression des LDL-Rezeptors (LDLR) auf Hepatozyten über eine SREBP-2-vermittelte Signaltransduktion erhöht. Dadurch wird vermehrt LDL-Cholesterin aus dem Blut entfernt . Studien konnten diesbezüglich zeigen, dass eine tägliche Aufnahme von etwa 3 Gramm Beta-Glucanen aus Hafer den LDL-Cholesterinspiegel um 510%, in manchen Fällen um bis zu 20% reduzieren kann. Zudem verzögern Beta-Glucane die postprandiale Lipidresorption, was den Anstieg von Triglyzeriden und Chylomikronen im Blut reduziert. Dies verringert oxidative Belastungen, die durch postprandiale Lipidspitzen entstehen können ein Risikofaktor für Endothelschäden und Atherosklerose .

Avenanthramide

Hafer enthält einzigartige Antioxidantien, sogenannten Avenanthramide, die entzündungshemmende und vasoprotektive Eigenschaften besitzen. Avenanthramide sind spezifische Polyphenole im Hafer, die besonders potente Wirkungen auf vaskuläre Endothelzellen entfalten. Nie et al. (2016) konnten zeigen, dass Avenanthramide die Expression von Adhäsionsmolekülen an Endothelzellen hemmen, was die Entstehung von Atherosklerose verlangsamen könnte . Oxidativer Stress, ein Schlüsselfaktor bei der Schädigung der Gefäßwände, wird durch diese Antioxidantien signifikant reduziert. Avenanthramide hemmen die Aktivität der NADPH-Oxidase, eines Hauptproduzenten freier Radikale in Gefäßzellen . Dadurch wird die oxidative Modifikation von LDL verhindert, ein entscheidender Schritt in der Pathogenese der Atherosklerose. Zudem konnte in vitro und in vivo gezeigt werden, dass Avenanthramide die Expression von VCAM-1 und ICAM-1 auf Endothelzellen reduzieren, wodurch die Adhäsion von Leukozyten an das Gefäßendothel unterbunden wird  Dies unterdrückt die frühe Entzündungsreaktion bei Atherosklerose. Schließlich stimulieren Avenanthramide die endo­theliale NO-Synthase (eNOS), was die Produktion von Stickstoffmonoxid (NO) erhöht. NO wirkt vasodilatierend, senkt den Blutdruck und verbessert die endo­theliale Funktion .

Einfluss auf Diabetes mellitus & Blutdruck

Obwohl Hafer einen hohen Kohlenhydratanteil hat, führt die Einnahme zu einer verbesserten glykämischen Kontrolle, da β-Glucan die Magenentleerung verlangsamt, weil es im Darm, wie oben beschrieben, eine visköse Matrix bildet, die die Aufnahme von Glukose verzögert. Hierdurch sind postprandiale Blutzuckerspitzen deutlich reduziert. In Studien konnte so eine langfristige Senkung des HbA1c-Wertes um etwa 0,3 0,5% nachgewiesen werden. Außerdem fördern die Ballaststoffe durch eine Veränderung des Mikrobioms eine Reduktion inflammatorischer Prozesse, was wiederum in mehreren Studien zu einer verbesserten Insulinsensitivität nach 412 Wochen führt. Ein weiterer kardioprotektiver Effekt von Hafer ist die blutdrucksenkende Wirkung. Eine Metaanalyse von systolischem und diastolischem Blutdruck durch das American Journal of Clinical Nutrition (2020) kam zu dem Schluss, dass regelmäßiger Haferkonsum, insbesondere durch Beta-­Glucane, eine moderate Senkung des Blutdrucks bewirken kann. Der hohe Magnesium- und Kaliumgehalt im Hafer unterstützt zusätzlich die Relaxation der Blutgefäße. Ein weiteres Review aus dem Jahr 2022 in Nutrients bestätigte diese Aussage. Hafer ist ein bedeutender Lieferant an Magnesium (ca. 177mg/100g) und Kalium (ca. 429mg/100g), was eine membranstabilisierende Wirkung hat und so ebenfalls die Regulierung des Blutdrucks beeinflusst. Dies wiederum wird langfristig mit einem niedrigeren Risiko für Bluthochdruck und Schlaganfall assoziiert.

Einfluss auf das Mikrobiom

Neuere Studien belegen, dass Hafer-Beta-­Glucane als präbiotische Substrate dienen und die Produktion kurzkettiger Fettsäuren (z.B. Butyrat) durch die Darmmikrobiota fördern. Butyrat wirkt entzündungshemmend und hat systemische Effekte auf den Stoffwechsel, einschließlich einer Verbesserung der Insulinsensitivität und Lipidprofile [8].

 

Health Claims auf dem Boden klinischer Studien

Basierend auf der klinischen Evidenz haben internationale Gesundheitsbehörden, wie die US Food and Drug Administration (FDA), bereits 1997 zugelassen, dass Produkte, die ausreichend Hafer-Beta-Glucane enthalten, mit einem Hinweis auf die Reduktion des Risikos von Herzkrankheiten versehen werden dürfen. Die European Food ­Safety Authority (EFSA) bestätigte 2010 ebenfalls diese gesundheitsbezogene Angabe. Dies bedeutet, dass im Gegensatz zu anderen Supplementen und Phytopharmaka mit dieser gesundheitsbezogenen Aussage sogar geworben werden darf. In klinischen Studien wie der „Oatmeal Cholesterol Study“ konnte demonstriert werden, dass Probanden, die regelmäßig Haferprodukte konsumierten, nicht nur bessere Cholesterinwerte, sondern auch ein verbessertes Lipidprofil und geringere Entzündungsmarker aufwiesen.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aufgrund der Vielzahl synergetischer Wirkungen, von der Cholesterinsenkung über die Verbesserung der Endothelfunktion, bis hin zur Reduktion systemischer Entzündungen, Hafer ein evidenzbasiertes, einfach umsetzbares Instrument zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellt. Regelmäßiger Verzehr von Haferprodukten kann einen messbaren Beitrag zur kardiovaskulären Gesundheit leisten, wobei eine tägliche Zufuhr von mindestens 3 Gramm Beta-Glucanen angestrebt werden sollte, was etwa einer Portion Haferflocken (ca. 4050g) entspricht. Hafer ist damit nicht nur ein vielseitiges Nahrungsmittel, sondern auch ein wichtiger Baustein für eine herzgesunde Ernährung.

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