Was ist die Herzfrequenzvariabilität und warum ist sie so wichtig für unsere Gesundheit ?
Den Begriff Herzfrequenz kennst du wahrscheinlich, aber hast du schon von der Herzfrequenzvariabilität (engl. heart rate variability, kurz HRV) gehört? Höchste Zeit, dies zu ändern! Selbst als Freizeitsportlerin ist es wichtig zu wissen, dass kein Herz vollkommen regelmäßig schlägt und diese Abweichungen viel über deinen Gesundheits- und Trainingszustand aussagen können.
Was ist
die Herzfrequenzvariabilität?
Um die HRV
zu erklären, solltest du vorab einige grundlegende Eigenschaften des Herzens
kennen. Generell schlägt das Herz in Ruhe langsamer und bei hoher Belastung
schneller. Die Zahl der Schläge pro Minute wird als Herzfrequenz (oft auch nur
als Puls) bezeichnet. So weit, so bekannt.
Was viele
nicht wissen, ist, dass das Herz nie ganz gleichmäßig schlägt. Ein Ruhepuls von
60 Schlägen pro Minute bedeutet nicht, dass der Abstand zwischen den einzelnen
Herzschlägen jeweils genau eine Sekunde beziehungsweise 1.000 Millisekunden
beträgt. Variationen von über 100 Millisekunden sind in ausgeruhtem Zustand
ganz normal und zeigen, dass das Herz schnell auf kleinste Veränderungen
reagiert. Gut sehen kannst du das im EKG: Die großen Zacken sind nie exakt
gleich weit voneinander entfernt – diese Abweichung ist die
Herzfrequenzvariabilität (HRV).
Der
menschliche Körper versucht auf physiologischer Ebene, einen Zustand des
Gleichgewichts, die so genannte Homöostase, aufrechtzuerhalten, der für ein
optimales Funktionieren notwendig ist.
Der Körper nimmt Stress durch unsere Sinne
wahr und sendet diese Informationen an das Gehirn, das dann entscheidet, wie es
reagieren soll. Unabhängig von der Quelle, die Stress verursacht, reagiert der
Körper auf dieselbe Weise. Um auf unsere Herzvariabilität zurückzukommen: Die
nicht konstanten Zeiten zwischen einem Schlag und dem nächsten spiegeln die
Aktivität des autonomen Nervensystems als Reaktion auf Reize, d. h. Stressquellen, wider. Wenn wir
einer Form von Stress ausgesetzt sind, leitet das autonome Nervensystem die vom
Gehirn empfangenen Impulse an die verschiedenen Muskeln und Organe des
menschlichen Körpers weiter. Dieser Mechanismus des
autonomen Nervensystems steuert fast 90 % der Funktionen des menschlichen Körpers, sowohl kurzfristige wie die
Atmung als auch längerfristige.
Zusammenfassend lässt sich sagen,
dass das autonome Nervensystem viele Prozesse im menschlichen Körper sowie die
Reaktionen unseres Körpers auf verschiedene Formen von Stress steuert und
reguliert. Die HRV wird vom autonomen Nervensystem, insbesondere vom
Parasympathikus, reguliert (zumindest die am einfachsten zu interpretierenden
Variablen) und kann daher wichtige Informationen über die Reaktion unseres
Körpers auf Stress liefern, unabhängig davon, wodurch dieser ausgelöst wurde
(Training, eine schwierige Phase am Arbeitsplatz usw.).
Was sagt
die Herzfrequenzvariabilität aus?
Je größer die Schwankungen dieser Abstände um einen individuellen Basiswert sind, desto besser kann sich das Herz an körperliche (wie durch Training verursachte) und seelische (beispielsweise durch Stress ausgelöste) Belastungen anpassen. Die Herzfrequenzvariabilität wird daher als ein umfassendes Maß für die Fitness angesehen.
Die HRV gibt nicht nur Aufschluss über die allgemeine Leistungsfähigkeit und die Erholungskapazität deines Körpers sowie darüber, ob du trainieren oder dich ausruhen solltest. Sie zeigt auch an, ob du momentan gesund oder gestresst bist. Die HRV wird übrigens in Millisekunden (ms) angegeben, was die Zeit zwischen den einzelnen Herzschlägen misst.
Im Zusammenhang mit Sportlern ist die Anwendung und Überwachung der HRV weit verbreitet, da sie die Form der Belastung, d. h. das Training, quantifizieren kann. Der Zusammenhang zwischen Training und HRV ist offensichtlich und wurde in verschiedenen wissenschaftlichen Studien mehrfach nachgewiesen, da das Training eine sehr hohe Belastung für den Körper darstellt.Bei anderen Anwendungen, z.B. im Zusammenhang mit der körperlichen und geistigen Gesundheit, kann es sehr
viel komplexer sein, die Stressquellen zu identifizieren und zu quantifizieren,
was die Umsetzung von Feedback und die anschließende Änderung unserer Pläne zur
Verbesserung der Situation erschwert.
Bei Profisportlern besteht aufgrund der sehr
hohen Trainingsumfänge immer die Gefahr des Übertrainings. Bei alledem dürfen
wir jedoch nicht die Reaktion des Körpers auf das Trainingsprogramm übersehen.
Passt er sich gut an? Oder hat er mehr zu
kämpfen als erwartet? Eine objektive Messung des Belastungszustands kann uns
dabei helfen, sofort Änderungen vorzunehmen.
Für den nicht-professionellen Sportler, der
vielleicht trainiert, wenn er keine Zeit für Arbeit oder Familie hat, kann die
Messung der HRV sogar noch wichtiger sein, da auf diese Weise alle Formen von
Stress erkannt werden und wir besser verstehen können, wann es angebracht ist, das Training
zu verlangsamen oder wann wir uns eine besonders intensive Einheit gönnen
können, immer mit dem Ziel, die körperliche Leistung langfristig zu verbessern.
Apropos
Stress: Auch wenn nach einer Verletzung ein therapeutischer Prozess beginnt,
kann die HRV uns wichtige Daten liefern, um zu sehen, wie die Therapie wirkt.
In
welchem Bereich sollte eine gesunde Herzfrequenzvariabilität liegen?
Die
Herzfrequenzvariabilität nimmt mit steigendem Alter ab. Wie hoch ein optimaler
HRV-Wert ist, kann man allerdings nicht sagen, denn es gibt keine Grenz- oder
Normwerte – alles ist individuell. Man kann also nicht behaupten, dass 30ms ein
schlechter und 100ms ein guter Wert ist.
Es kann sein, dass eine junge Athletin eine geringere Herzratenvariabilität (HRV) hat als eine ältere, inaktive Person. Es ist daher wichtig, deine HRV-Werte immer nur mit deinen eigenen vorherigen Messungen zu vergleichen. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, die HRV täglich über einen längeren Zeitraum hinweg zu messen.
Wie kann
ich meine Herzfrequenzvariabilität messen?
Ein
einfacher – aber auch ungenauer – Test geht so: Lege einen Pulsmesser oder
Smartwatch an und setze dich ruhig hin. Wenn du nun eine Minute lang ganz ruhig
und tief, ein- und ausatmest (etwa 6 Atemzüge pro Minute), ändert sich die
Herzfrequenz im Verlauf jedes Atemzugs: Bei jedem Ausatmen fällt sie ab, beim
Einatmen steigt sie wieder an.
Für eine
gesunde Frau oder gesunder Mann mit normalem Ruhepuls von 60 Schlägen in der
Minute gilt: Ist die Herzratenvariabilität vergleichsweise niedrig, schwankt
die Herzfrequenz um weniger als 10 Schläge, du hättest also zum Beispiel
Pulswerte zwischen 55 und 65. Bei einer hohen Herzfrequenzvariabilität können
die Pulswerte um mehr als 30 schwanken, dann lägen deine Pulswerte zwischen 45
und 75 Schlägen pro Minute.
Da diese
Methode sehr ungenau und nicht alltagstauglich ist, empfiehlt es sich, eine
Sportuhr oder Smartwatch zu benutzen. Beste Beispiele sind die neue Apple
Watch, die neue Samsung Galaxy Ultra ,die neuere Versionen der Fitbit, die
Vantage V2 /V3 von Polar , oder die FR 955 von Garmin. Wichtig ist, dass du die
Herzfrequenzvariabilität stets zur selben Tageszeit und in der gleichen
Körperhaltung misst. Beachte darüber hinaus, dass Krankheit, Nikotin, Alkohol
oder auch zu wenig Schlaf den Wert der Herzfrequenzvariabilität beeinflussen
können.
Ist eine
hohe oder niedrige Herzfrequenzvariabilität besser?
Je
unregelmäßiger dein Herz schlägt, desto höher ist die Herzratenvariabilität und
desto leichter fällt es dem Organismus, schnell ein paar Gänge hoch- oder
herunterzuschalten (die hohe HRV darf jedoch nicht mit krankhaften
Herzrhythmusstörungen verwechselt werden!).
Ein
unregelmäßiger, variabler Herzschlag ist also ein deutliches Zeichen dafür,
dass du fit und gesund bist. Du kannst deinen Körper wieder belasten.
Ein zu
starrer, unvariabler Rhythmus deutet dagegen darauf hin, dass etwas nicht
stimmt. So schlägt dein Herz in den Stunden und auch Tagen nach intensiven
(sich häufig wiederholenden) körperlichen Belastungen gleichförmiger.
Eine
niedrige Herzfrequenzvariabilität kann daher ein klares Symptom dafür sein,
dass du deinen Körper durch zu hartes Training überlastet hast. Eine hohe HRV
ist also besser als eine niedrige.
Wie kann
ich meine Herzfrequenzvariabilität verbessern?
Regelmäßiges Training ist wichtig, aber es sollte nicht übertrieben werden. Zu intensives oder zu langes Training kann die Herzratenvariabilität (HRV) kurzzeitig senken. Es ist daher entscheidend, nicht zu hart zu trainieren und dem Körper ausreichend Erholungszeit zu gewähren.
Ausreichend Wasser zu trinken ist ebenfalls wichtig, da es das Blutvolumen beeinflusst. Mehr Wasserzufuhr erleichtert die Blutzirkulation und die Versorgung aller Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen.
Vermeide Alkohol, da er die HRV für vier bis fünf Tage senken kann. Wenn du deine HRV verbessern möchtest, solltest du darauf verzichten.
Guter und regelmäßiger Schlaf beeinflusst die Muskelregeneration und die Leistungsfähigkeit direkt. Indem du zu festen Zeiten schlafen gehst und aufstehst, stabilisierst du deinen Tagesrhythmus und förderst damit positiv deine HRV..
Setze
Kältereize durch Eisbäder oder heiß-kalte Wechselduschen. Kälte entzündet die
Regenerationskräfte, indem der Vagusnerv stimuliert wird. Er ist eine Art
Stress-Ausschalter und gibt deinem Körper das Signal, dass alles gut ist und
dein Körper die Energie für Muskelaufbau und Regeneration nutzen kann. Dadurch
dass der Vagusnerv auch die HRV kontrolliert, dienen Wechselduschen als
Trainingseinheiten für den Vagusnerv.
Atme
bewusst, denn während die HRV durch Stress sinkt, kann langsames,
kontrolliertes Atmen die HRV verbessern. Als Übung kannst du für 4 Sekunden
durch die Nase einatmen, die Luft für 2 Sekunden anhalten und dann tief wieder
ausatmen.
Meditiere:
Ähnlich wie Atemtechniken, kann Meditation helfen, mit Stresssituationen besser
umzugehen und dadurch die HRV verbessern.
Welche
weiteren Faktoren beeinflussen die Herzfrequenzvariabilität?
Nicht nur
Sport und Erholung wirken sich auf deine Leistungsfähigkeit und damit auf die
Herzfrequenzvariabilität aus. Auch das Gehetze im Alltag, ein Streit mit dem
oder der Partner:in, oder eine durchzechte Nacht haben Einfluss auf deine
Gesamtverfassung.
Vor allem
der Zusammenhang zwischen Stress bei der Arbeit und der
Herzfrequenzvariabilität wird in vielen Studien thematisiert. Also kann die
Herzfrequenzvariabilität auch niedrig sein, wenn du gar nicht trainiert hast,
sondern gerade in einer Stressphase steckst. Wie beim Sport hilft es auch dann,
es etwas ruhiger angehen zu lassen beziehungsweise sich nach passenden
Entspannungsmethoden, wie etwa Meditation oder Yoga, umzuschauen.
Fazit: Öfter mal aufs Herz hören
Die
Herzfrequenzvariabilität gibt Auskunft darüber, wie unregelmäßig dein Herz
schlägt. Je fitter und ausgeruhter du bist, desto unregelmäßiger wird dein
Herzschlag und desto höher ist die Herzfrequenzvariabilität. Du kannst sie
nicht nur durch gezieltes Training verbessern, sondern auch im Alltag positiv
beeinflussen. Achte zum Beispiel darauf, ausreichend zu trinken und genügend
Erholungsphasen einzuplanen.
Du willst mehr zu diesem Thema erfahren dann buche mein Webinar Ausdauertraining
Kommentare
Kommentar veröffentlichen