Sind Hafer, Soja und Mandelmilch wirklicher gesünder?
Heute ist das Milchregal im Supermarkt das, was früher vielleicht die Musiksammlung zu Hause war: ein Ort zur Demonstration der eigenen Weltanschauung. Je nachdem, welche Milch oder welchen Pflanzendrink man wählt, outet man sich als Traditionalist und Reaktionär oder als moralisch integrer Mensch, dem der Planet und darüber hinaus die eigene Gesundheit wichtig sind.
Denn, so
sagen manche, Produkte aus Pflanzen seien immer gesünder als tierische. Indem
man Hafermilch statt Kuhmilch wähle, tue man nicht nur etwas für die Umwelt,
sondern auch etwas für den schlanken und gesunden Körper.
Und so
boomen vegane Milchersatzprodukte auch im traditionellen Kuhmilchland Deutschland
Der
schwedische Hersteller Oatly hat den Drink aus Hafer populär gemacht und damit
einen Nerv getroffen: Seit etwa 2016 hält Hafermilch Einzug in die Kaffeetassen
und Müeslischüsseln vor allem der jungen Generation.
Der
weltweite Markt für Pflanzenmilch boomt. Ob Hafer-, Mandel-, Soja- oder
Reismilch: In den vergangenen zehn Jahren haben sich die pflanzlichen
Alternativen zur Kuhmilch im Supermarktregal breitgemacht. Allein in
Deutschland hat sich der Absatz in den Jahren 2018 bis 2022 mehr als
verdoppelt.
Hafermilch,
Sojamilch & Co. erfreuen sich also wachsender Beliebtheit. Eine neue Studie
zeigt jedoch: Die Herstellung zerstört Nährstoffe und birgt Gesundheitsrisiken.
Doch auch
wenn sie in der Regel nachhaltiger sind als Kuhmilch, sind sie wirklich die
gesündere Wahl?
Eine neue
Studie dämpft die Euphorie.
Forscher der
Universität Kopenhagen und der Universität Brescia in Italien haben untersucht,
wie sich die Herstellung auf die Nährstoffqualität von zehn verschiedenen
Pflanzenmilch-Produkten auswirkt. Dabei stellten sie diese der Kuhmilch
gegenüber. Mit einem ernüchternden Ergebnis.
Marianne
Nissen Lund, Hauptautorin der Studie und Professorin am Department of Food
Science, sagt:
„Wir müssen
definitiv mehr pflanzliche Lebensmittel konsumieren. Aber wer nach einer
vollwertigen Ernährung sucht und glaubt, Pflanzenmilch könne Kuhmilch ersetzen,
täuscht sich.“
So besteht
Kuhmilch ähnlich wie die Milchalternativen zwar auch zu einem Grossteil aus
Wasser, ist darüber hinaus aber tatsächlich ein besonderer Saft. Sie enthält
viele essenzielle Nährstoffe wie Eiweiß und auch wichtige Mineralstoffe und
Vitamine wie Kalzium, Vitamin B12 und auch die Vitamine K und E sowie Jod, von
dem die meisten Bewohner in Deutschland ohnehin zu wenig aufnehmen. Dass Kuhmilch so
ausgewogen und nährstoffreich ist, hat einen Grund: Schließlich dient sie
natürlicherweise dazu, kleine Kälber zu großen Rindern heranwachsen zu lassen.
Menschen
machen sich die Vorteile von Kuhmilch seit etwa 9000 Jahren zunutze. Bei den
meisten Nord- und Mitteleuropäern hat der Verzehr von Milchprodukten sogar zu
einer genetischen Anpassung geführt, die dafür sorgt, dass sie auch im
Erwachsenenalter noch Milchzucker vertragen. Dies ist bei drei Vierteln der
Menschheit nicht der Fall, sie ist nach dem Abstillen laktoseintolerant. Für
die vielen Träger der Genvariante für Laktosetoleranz in Europa ist die
Verdauung von Milch hingegen kein Problem.
Dennoch
ist die Kuhmilch in Verruf geraten. Sie stand eine Weile in Verdacht, ein Einflussfaktor für
verschiedene Krebsarten zu sein – echte Belege gibt es dafür bis anhin aber
nicht. Lediglich bei Prostatakrebs entdeckten Forscher einen stärkeren
Zusammenhang – dies aber auch nur ab einem Konsum von 1,25 Liter Milch täglich
oder mehr. Kuhmilch ist in angemessener Menge also ein ausgewogenes
Nahrungsmittel, das helfen kann, den Tagesbedarf an wichtigen Vitaminen und
Mineralstoffen zu decken.
Bei den Pflanzendrinks
ist das eher nicht so, zudem sollte man genau auswählen. Wenn es um
Vitamine und Mineralstoffe wie Vitamin B12, Jod oder Kalzium geht, stehen die
Pflanzendrinks allesamt ziemlich schlecht da.
Weder
Ersatzmilch aus Mandeln noch solche aus Soja oder Hafer enthalte nennenswerte
Mengen. Manche Hersteller setzen dem Drink die Vitamine künstlich zu,
allerdings nicht in Bio-Produkten.
Die meisten
Ernährungsexperten raten daher wer Pflanzendrinks konsumiert, sollte sie
ungezuckert kaufen und angereichert mit Kalzium und Vitamin B12.
Herstellung
zerstört Nährstoffe
Während
Milch quasi als fertiges Produkt aus der Kuh kommt, erfordert die Herstellung
von Hafer-, Reis- oder Mandelmilch eine intensive Verarbeitung. Zudem wurde
jede untersuchte Pflanzenmilch einer sogenannten Ultrahocherhitzung (UHT)
unterzogen, um die Haltbarkeit zu verlängern.
Kuhmilch
wird in Deutschland auch zum Großteil ultrahocherhitzt, um sie länger haltbar
zu machen. Im Kühlregal wird aber auch Milch angeboten, die schonender
behandelt wurde, was einen erheblichen Unterschied im Grad der Verarbeitung zur
Pflanzenmilch ausmachen dürfte.
Und die
Universität Kopenhagen macht in ihrer Erklärung darauf aufmerksam, dass in
Dänemark Milch in der Regel nur im Kühlregal zu finden ist und sie nur schwach
pasteurisiert ist.
Für die
Qualität der enthaltenen Nährstoffe wird die Hitzebehandlung zum Problem, wie Studie
feststellen konnte. Denn sie löst eine chemische Reaktion zwischen Proteinen
und Zucker aus, die sogenannte Maillard-Reaktion.
Der
Ernährungsprofessor Lars Ove Dragsted gibt in der Studie zu bedenken, dass die
chemischen Verbindungen, die bei der Maillard-Reaktion entstehen, im
Allgemeinen unerwünscht sind.
Schließlich könnten sie Entzündungen im Körper
verstärken. Sie werden auch mit einem erhöhten Risiko für Diabetes und
Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht.
Die meisten
Pflanzenmilch-Getränke haben bereits deutlich weniger Eiweiß als Kuhmilch. Und
das ohnehin schon wenige Protein wird durch die Hitzebehandlung zusätzlich
verändert und dies führt zum Verlust einiger essenzieller Aminosäuren wie z.B Leucin,
die für uns unglaublich wichtig sind.
Zum
Vergleich: Die in
der Studie verwendete UHT-behandelte Kuhmilch enthält 3,4 Gramm Eiweiß pro
Liter. Acht von zehn untersuchten Pflanzenmilch-Getränken enthielten dagegen
nur zwischen 0,4 und 1,1 Gramm Eiweiß. Auch die Gehalte an essenziellen
Aminosäuren waren in allen Pflanzenmilch-Produkten niedriger.
Eine
Ausnahme ist die Sojamilch: Weil sie aus eiweissreichen Hülsenfrüchten hergestellt ist, enthält sie
fast so viel Eiweiss wie Kuhmilch. Wer keine Kuhmilch trinken möchte und
dennoch mit dem Pflanzendrink möglichst genauso viele Nährstoffe aufnehmen
will, sollte zu ungezuckerten Sojadrinks greifen, denen Mineralstoffe und
Vitamine zugesetzt sind.
Auch in
einem weiteren Punkt ist Sojamilch der Kuhmilch recht ähnlich, nämlich
bei der glykämischen Last. Die glykämische Last ist ein Mass für die Wirkung
eines kohlenhydratreichen Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel. Verursacht
ein Lebensmittel einen hohen Zuckerspiegel im Blut, bewirkt das eine Ausschüttung
des Hormons Insulin, das den Zucker aus dem Blut in die Zellen schleust. Das
ist erst einmal ein normaler physiologischer Vorgang.
Hafermilch
hat eine höhere glykämische Last
Isst man
aber häufig über den Tag verteilt Lebensmittel mit einer hohen glykämischen
Last, hat das negative Auswirkungen auf den gesamten Stoffwechsel. So kann dies
unter anderem eine Gewichtszunahme und auf lange Sicht die Bildung von Diabetes
Typ 2 begünstigen. Zwar enthält Kuhmilch auch Kohlenhydrate, nämlich
Milchzucker, trotzdem ist die glykämische Last nur moderat, genauso wie bei
Sojamilch.
Da
Hafermilch ja aus Kohlenhydraten – also Hafer und der darin enthaltenen Stärke
– besteht, hat sie eine erheblich höhere glykämische Last.
Man sollte daher
nicht größere Mengen Haferdrink pur morgens auf leeren Magen trinken. Besser
sei es, Hafergetränke als Müeslizutat zu verwenden, denn die Kombination mit
Vollkorngetreide, Fett und Nüssen verringerten den Blutzuckeranstieg und damit
den Insulin-Peak.
Ist einer
Pflanzenmilch darüber hinaus auch noch Zucker zugesetzt, ist die glykämische
Last übrigens jenseits von Gut und Böse.
Potenziell
krebserregende Stoffe gefunden
Die
Hitzebehandlung verringert nicht nur den Nährwert, sondern lässt mitunter auch
krebserregende Stoffe entstehen. So wurde etwa mit Acrylamid ein Stoff
nachgewiesen, der als potenziell krebserregend eingestuft wird und eigentlich
nicht in flüssigen Lebensmitteln vorkommt.
In vier
Produkten aus Mandeln und Hafer konnten die Forscher ihn jedoch nachweisen. Als
mutmaßliche Quelle nennt die Studie geröstete Mandeln, die verarbeitet wurden.
Die Konzentration war jedoch so gering, dass nach Ansicht der Forscher keine
Gefahr von der Pflanzenmilch ausging.
Je nachdem,
was man sonst noch zu sich nehme, könne sich die Menge an Acrylamid aber auf
ein gesundheitsgefährdendes Niveau summieren, so Studienleiterin Prof.Lund.
Lebensmittel, in denen der Stoff noch vorkommen kann, sind: Brot, Kekse,
Kaffeebohnen, Bratkartoffeln und Pommes frites.
Verbraucher
benötigen mehr Info
Um das
Risiko zu minimieren, rät Prof. Lund Verbrauchern, die Pflanzenmilch nach dem
Kauf im Kühlschrank, statt im Vorratsschrank aufzubewahren. Das halte die
Maillard-Reaktionsprodukte niedriger als bei Lagerung bei Raumtemperatur.
Generell
gelte der Leitsatz: je weniger ein Lebensmittel verarbeitet ist, desto
besser!
Zudem
plädiert die Professorin dafür, die Nährwertangaben auf Verpackungen um Details
wie die Menge an essenziellen Aminosäuren zu ergänzen!
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