Schmerzen durch verkürzte Muskeln ?
Verkürzte
Muskeln sind ein weit verbreitetes Phänomen, das sowohl Freizeit- als auch
Leistungssportler betreffen kann. Sie entstehen, wenn Muskeln und ihre Sehnen
sich dauerhaft verkürzen und an Elastizität verlieren. Dies führt zu einer
eingeschränkten Beweglichkeit, Dysbalancen im Bewegungsapparat und kann in der
Folge auch Schmerzen und Verletzungen hervorrufen. Die umgangssprachliche
Bezeichnung verkürzte Muskeln ist eigentlich nicht richtig, denn der Muskel
selbst verkürzt sich nicht
Was sind
verkürzte Muskeln?
Wenn ein
Muskel nicht mehr (maximal) gedehnt werden kann, spricht man von einer Verkürzung.
Muskeln
bestehen aus verschiedenen Arten von Fasern, die sich zusammenziehen und
entspannen, um Bewegung zu ermöglichen. Diese Fasern sind in Bündeln
organisiert und von Bindegewebe umgeben. Für die Kontraktion und Entspannung
der Muskeln ist die reibungslose Zusammenarbeit von Nerven, Muskelfasern und
Bindegewebe entscheidend. Verkürzte Muskeln entstehen, wenn dieses
Gleichgewicht gestört wird.
In einem
gesunden Zustand können Muskeln ihre Länge variabel anpassen, was durch eine
Reihe von Mechanismen unterstützt wird, einschließlich der Aktivität von
Nervenzellen, Muskelspindeln und Golgi-Sehnenorganen. Verkürzte Muskeln sind
oft das Resultat einer verminderten Beweglichkeit und Flexibilität der
Muskelfasern und des umgebenden Bindegewebesverkürzung. In dem Fall
funktioniert die neuronale Ansteuerung nicht mehr richtig,
Jeder Muskel
einen Gegenspieler hat. Die Bewegungsmuster Beugen und Strecken funktionieren
demnach nur im Zusammenspiel. Wenn es hier zu einem Ungleichgewicht kommt, also
zu einer „muskulären Dysbalance“, kann sich das mit den geschilderten Problemen
bemerkbar machen.
Mögliche
Ursachen verkürzter Muskeln
Das Thema
Muskeln ist sehr komplex und entsprechend könnten auch die sogenannten
verkürzten Muskeln unterschiedliche Ursachen haben.
Es gibt
zahlreiche Faktoren, die zur Entstehung verkürzter Muskeln beitragen können:
Bewegungsmangel: Eine der häufigsten Ursachen für
verkürzte Muskeln ist Bewegungsmangel. Längeres Sitzen oder Liegen,
insbesondere in ungünstigen Positionen, kann dazu führen, dass sich Muskeln
verkürzen.
Es können Spannungen innerhalb der Muskulatur
sowie der Faszien entstehen. Faszien sind die dünnen, unsere Muskeln und Organe
umgebenden Bindegewebsstrukturen. Sie verfügen über mehr Schmerzrezeptoren als
der Muskel an sich und übernehmen zudem eine wichtige Rolle bei der
Reizweiterleitung der Muskeln. Bei der Therapie verkürzter Muskeln sollten
daher auch die Faszien mit behandelt werden
Einseitige
Belastung:
Sportarten oder Tätigkeiten, die wiederholt dieselbe Muskelgruppe beanspruchen,
können zu Dysbalancen führen. Muskeln, die häufig verkürzt und selten gedehnt
werden, neigen zur Verkürzung.
Eine Sportart,
bei der Muskelverkürzungen – und in der Folge übrigens auch Verletzungen –
auffällig häufig sind, ist Fußball. Mehr dazu kann man beim Deutschen Verband
der Physiotherapie (ZVK) nachlesen.In Spielerkreisen komme es oft zu
„Muskelzerrungen, Muskelfaser- oder bündelrissen oder (…) Muskelverhärtungen“
im Bereich der Oberschenkelmuskulatur des Standbeins.
Verletzungen: Nach Verletzungen oder Operationen
kann es zu einer Schutzspannung der Muskeln kommen, die zu Verkürzungen führt.
Auch Narbengewebe kann die Elastizität der Muskeln beeinträchtigen.
Alterung:
Mit zunehmendem
Alter nimmt die Elastizität der Muskeln und des Bindegewebes ab. Dies kann zu
einer natürlichen Verkürzung der Muskeln führen.
Fehlhaltungen: Fehlhaltungen, die durch ungünstige
Körperpositionen im Alltag oder beim Sport entstehen, können verkürzte Muskeln
begünstigen. Dazu gehören beispielsweise das Rundrücken oder das Hohlkreuz.
Nackenschmerzen
etwa, wie sie nicht ohne Grund seit Einführung von Home- und
Remote-Office-Lösungen zur Volkskrankheit geworden sind, seien auf (eine
falsche Haltung während) sitzender Tätigkeit am Computer zurückzuführen. Denn
dabei neigen Menschen dazu, die Schultern nach vorne zu ziehen, was zu einer
Überlastung der Nackenmuskulatur führt.Die Körpermitte gerät aus der Balance. Die
Brustmuskeln verkürzen, was sich allerdings in der Regel vorne weniger
bemerkbar macht als hinten: mit Nacken-, Schulter- und Rückenschmerzen!
Fehlbelastungen: Meistens resultieren
Muskelverkürzungen aus einer einseitigen Belastung oder einer Fehlbelastung,
etwa aufgrund einer Schonhaltung.Bei einer vorliegenden Muskelverspannung
nehmen Betroffene schnell eine Schonhaltung ein – eine Körperhaltung also,
durch die Schmerzen vermieden werden. Doch diese verstärkt die Verspannung
weiter. In der Folge können die Beschwerden chronisch werden und womöglich
zusätzliche orthopädische Störungen hinzukommen.
Wechsel
zwischen Absatzhöhen:Ein
klassisches Beispiel sind auch Verkürzungen der Wadenmuskulatur durch hohe
Schuhe. so also auch an die Haltung auf Absätzen – und „verkürzen“. Werden nun
wieder flache Schuhe getragen, jene Muskeln also aktiv gefordert, können sie
dem nicht nachkommen. Das kann zu Beschwerden führen.
Gefahren
durch verkürzte Muskel
Nicht alle
Betroffenen wissen, dass sie an verkürzten Muskeln leiden. Oder anders gesagt:
Wer gar nicht erst versucht, bestimmte Bewegungen auszuführen, bei denen die
verkürzten Muskeln gedehnt werden müssten, weiß im Zweifelsfall auch nicht um
die bestehenden Einschränkungen. Der Körper kann einiges kompensieren, doch ab
einem gewissen Punkt sei es möglich, dass er eine Schmerzschwelle erreiche.
Meist werde dieser durch eine zusätzliche Problematik getriggert, also z. B.
das falsche Schuhwerk. Dann gibt der Körper das Signal: Jetzt reicht’s!“, als
Schmerz weiter. Ein solches Signal kann auch eine Verletzung sein.
Eingeschränkte
Beweglichkeit:
Verkürzte Muskeln führen zu einer verminderten Bewegungsfreiheit der
betroffenen Gelenke. Dies kann die Ausführung bestimmter Bewegungen erschweren
oder unmöglich machen.
Schmerzen:
Verkürzte Muskeln
können zu muskulären Verspannungen und Schmerzen führen, die sich auf
benachbarte Strukturen übertragen können. Häufig sind Rückenschmerzen das
Resultat verkürzter Muskeln im Bereich der Wirbelsäule.
Verletzungsgefahr
Eine eingeschränkte
Beweglichkeit und Flexibilität erhöht das Risiko für Verletzungen, insbesondere
bei sportlicher Betätigung. Verkürzte Muskeln können plötzlich überdehnt
werden, was zu Zerrungen oder Muskelfaserrissen führen kann.
Dysbalancen: Verkürzte Muskeln können zu
muskulären Dysbalancen führen, bei denen bestimmte Muskeln zu stark und andere
zu schwach ausgeprägt sind. Dies kann die Körperhaltung und die
Bewegungsabläufe negativ beeinflussen.
Muskeln,
die zur Verkürzung neigen
Einige
Muskelgruppen sind besonders anfällig für Verkürzungen, insbesondere bei
Personen, die viel sitzen oder einseitige Belastungen erfahren. Zu den häufig
verkürzten Muskeln gehören:
Hüftbeuger
(M. iliopsoas):
Durch häufiges Sitzen neigen die Hüftbeuger zur Verkürzung, was zu einem
Hohlkreuz und Rückenschmerzen führen kann.
Wadenmuskulatur
(M. gastrocnemius, M. soleus): Langes Stehen oder das Tragen von hohen Absätzen kann zu
verkürzten Wadenmuskeln führen.
Oberschenkelmuskulatur
(M. quadriceps femoris, M. hamstrings): Sowohl der vordere Oberschenkelmuskel (Quadrizeps) als auch
die hintere Oberschenkelmuskulatur (Hamstrings) neigen zur Verkürzung bei
mangelnder Dehnung.
Brustmuskulatur
(M. pectoralis major):
Fehlhaltungen wie ein Rundrücken können zu verkürzten Brustmuskeln und einer
eingeschränkten Schulterbeweglichkeit führen.
Vorbeugung
und Behandlung verkürzter Muskeln
Je früher
verkürzte Muskeln erkannt und behandelt werden, desto besser, damit die
Beschwerden nicht zu gravierend werden bzw. es nicht zu Verletzungen kommt.
Umso bedeutender sei es, dem Verkürzen von Muskeln vorzubeugen. Laut verschiedener
Untersuchungen sollte man in dieser
Absicht in seiner sportlichen Routine idealerweise Disziplinen favorisieren,
bei denen die muskuläre Balance im Fokus steht. Yoga z.B ist empfehlenswert, da
bei den einzelnen Asanas Muskeln gedehnt und gleichzeitig Gelenke gestärkt
werden. Ähnliches gilt für Pilates.
Die Therapie
verkürzter Muskeln ist vor allem auf Dehnung ausgelegt. Dabei sollte man keine
schnellen, ruckartigen bzw. federnden Bewegungen ausführen, sondern besser
langsame, lockere Dehnübungen.
Folgende
Therapieempfehlungen sind sinnvoll:
Statisches
Dehnen (aktiv und passiv): Diese Methode beinhaltet das Halten einer Dehnposition für eine
bestimmte Zeit (etwa 15-30 Sekunden), um die Flexibilität zu verbessern. Es ist
besonders effektiv nach dem Training, wenn die Muskeln warm sind.
PNF-Dehnung
(Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation): Diese Methode kombiniert isometrische
Muskelkontraktionen mit passivem Dehnen. Ein Partner kann dabei helfen, die
Dehnung zu vertiefen.
Myofasziale
Entspannung: Durch
den Einsatz von Faszienrollen (Foam Rolling) können Verklebungen und Spannungen
im Muskel- und Bindegewebe gelöst werden. Dies verbessert die Durchblutung und
die Flexibilität.
Yoga und
Pilates: Diese
Trainingsmethoden integrieren Dehnübungen in fließende Bewegungen und fördern
gleichzeitig die Kraft und Stabilität.
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