Warum ist progressives Krafttraining so wichtig für Frauen ?

 

Auch wenn mittlerweile eine ganz gute Balance zwischen den Geschlechtern im Freihantelbereich der Fitnessstudios herrscht, tummeln sich immer noch zahlreiche Mythen darüber, wie man als Frau trainieren sollte.

Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Krafttraining unweigerlich zu einem „zu breiten und männlichen“ Körperbau führt und man sich auf das Straffen des Körpers beschränken sollte, anstatt Muskeln aufzubauen. Dies ist grundlegend falsch, denn für einen straffen Körper sind gut entwickelte Muskeln essentiell.

Frauen, die konsequent Krafttraining betreiben, genießen nicht nur einen starken, definierten Körper und eine ansprechende Silhouette, sondern auch ein verbessertes Körpergefühl. Doch das sind nicht die einzigen Vorteile. Krafttraining hat auch andere wesentliche Vorzüge, die häufig nicht beachtet werden, aber wichtiger sind als das äußere Erscheinungsbild: Vor allem ist regelmäßiges Muskeltraining sehr gesundheitsfördernd.

Das Ziel des Muskelaufbautrainings ist es, die Muskulatur zu vergrößern. Dies geschieht durch Muskelhypertrophie, die Verdickung der Muskelfasern. Wenn es um "mehr Muskeln" geht, bezieht sich das in der Regel auf "dickere Muskeln", was jedoch nicht notwendigerweise bedeutet, dass man aufgeblasen wirkt.

Um die Muskelfasern zu verdicken, ist es notwendig, die betreffenden Muskelgruppen bis zur muskulären Erschöpfung zu trainieren – und dies regelmäßig und mit stetiger Anpassung des Trainings, um kontinuierliche und ausreichende Stimuli für das Muskelwachstum zu gewährleisten. Die effektivste Methode hierfür ist progressives Krafttraining unter Verwendung von Gewichten.

Der Glaube ist weit verbreitet, dass Frauen insbesondere viele Wiederholungen mit leichtem Gewicht ausführen sollten, um einen „straffen“ Körper zu erlangen, ohne zu viel Muskelmasse zu entwickeln. Diese Annahme gründet auf der irrigen Vorstellung, dass niedrige Gewichte und hohe Wiederholungszahlen zu einem definierten, aber nicht übermäßig muskulösen Körper führen. Daher wird Frauen oft geraten, im Bereich von 12 bis 20 Wiederholungen zu trainieren.

Aktuelle Studien zeigen auf, dass sowohl Männer als auch Frauen von einem moderaten Wiederholungsbereich und dem Einsatz schwererer Gewichte profitieren, um Muskelmasse und Kraft zu steigern. Eine Untersuchung der National Strength and Conditioning Association aus dem Jahr 2020 bestätigt dies.

Die Annahme, Frauen würden durch Krafttraining schnell übermäßig muskulös werden, ist wissenschaftlich unbegründet, da ihr Körper dafür nicht genügend Testosteron produziert. Muskelaufbau ist ein gradueller Prozess, der gezieltes Training und eine ausgewogene Ernährung voraussetzt.

Für effektiven Muskelaufbau ist eine Wiederholungszahl von 6 bis 12 beim Krafttraining ideal, unabhängig vom Geschlecht. Die letzten beiden Wiederholungen sollten dabei so fordernd sein, dass sie gerade noch korrekt ausgeführt werden können.

Das Konzept der progressiven Überlastung bewirkt, dass der Muskel regelmäßig neuen Herausforderungen begegnet und wächst, um sich an die gesteigerte Belastung anzupassen.

Wenn die 12 Wiederholungen ohne signifikante Anstrengung absolviert werden können, sollte das Gewicht erhöht werden. Diese kontinuierliche Anpassung ist entscheidend, um langfristige Fortschritte zu erzielen. Die Prinzipien des Muskelaufbaus gelten dabei universell, unabhängig davon, ob das Training von einer Frau oder einem Mann durchgeführt wird.

Grundlage für diese Wiederholungsangabe ist so genannte Time under Tension (TUT) .

Die Time under Tension (TUT), auch bekannt als Zeit unter Spannung, ist ein Trainingskonzept, das die Dauer betont, in der ein Muskel während einer Übung unter Belastung steht. Diese beträgt beim Muskelaufbautraining 20-35 sec pro Satz

Daher sollte man hin und wieder mit einem Timer überprüfen, ob man mit seiner Übungsgeschwindigkeit noch in der TUT befindet oder nicht.

Eine 2021 veröffentlichte Studie des Journal of Strength and Conditioning Research hat ergeben, dass vor allem die Intensität des Trainings für den Muskelaufbau entscheidend ist, nicht allein die Anzahl der Wiederholungen. Ein zu leichtes Gewicht, selbst bei vielen Wiederholungen, führt nicht zum gewünschten Muskelwachstum. Demgegenüber bewirkt ein Training mit 6 bis 12 Wiederholungen, das die Muskeln intensiv beansprucht, signifikante Zuwächse.

Eine Wiederholungszahl von 6 bis 12 mit anspruchsvollem Gewicht zielt insbesondere auf die schnell kontrahierenden Muskelfasern ab, die vorrangig für Kraft, Muskelvolumen und Koordination verantwortlich sind.

Mit diesem Training gibst du deinem Körper das Signal, mehr Muskelmasse aufzubauen, um den Belastungen standhalten zu können. Außerdem verlieren wir mit zunehmendem Alter durch Sarkopenie, den Muskelschwund, vor allem die sogenannten FT-Fasern (Fast Twitch, schnell zuckende Fasern), was unsere Koordination beeinträchtigt.

Training mit einer hohen Anzahl an Wiederholungen beansprucht hauptsächlich die langsam zuckenden Muskelfasern (ST-Fasern), die für Ausdauerleistungen verantwortlich sind. Obwohl auch dieses Training die Muskeln stärkt, wird der Muskelaufbau nicht so stark gefördert wie bei einer moderaten Anzahl an Wiederholungen und höherer Intensität.

Weitere Vorteile von progressiven Krafttraining für Frauen sind:

Progressives Krafttraining macht dein Herz leistungsfähiger und  reduziert das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte

Wie alle Muskeln im Körper lässt sich auch der Herzmuskel trainieren: Durch Übungen wie Kniebeugen, Liegestütze und andere Aktivitäten wird die Pumpfunktion des Herzens gesteigert, wodurch es bei regelmäßigem Training stärker und effizienter wird.

Ein trainiertes Herz benötigt 20 Schläge pro Minute weniger als ein untrainiertes, um den Körper ausreichend mit Blut zu versorgen.

Die Muskeln produzieren das wichtige Myokin (Botenstoff)  "Interleukin 6", das zur Bildung von Abwehrzellen beiträgt und so Arterienverkalkungen vorbeugen kann, was eine freie Blutzirkulation ermöglicht.

Diese Botenstoffe können auch den Fettstoffwechsel verbessern, den Blutdruck senken und Stress reduzieren.

Richtiges Training führt also zu einem stressärmeren Leben und verbessert die Durchblutung. Das Herz-Kreislauf-System wird durch Workouts widerstandsfähiger und passt sich flexibler an.

Deine Knochen werden stabiler

Krafttraining hat positive Auswirkungen auf das Skelett und die Knochendichte, was zu verbesserter Körperstabilität und Haltung führt: Belastungsreize regen Zellen dazu an, mehr Knochenmasse zu produzieren.

Verdickte Muskelfasern schützen das Skelett und helfen, Verletzungen im Alltag und beim Sport vorzubeugen.

Die Bedeutung dieses Effekts darf nicht unterschätzt werden: Ab dem Alter von etwa 35 Jahren nimmt die Knochen- und Muskelmasse ohne entgegenwirkendes Training stetig ab. Frauen sind nach den Wechseljahren aufgrund eines Östrogenmangels besonders gefährdet.

Ein starker Muskelapparat und ein robustes Knochengerüst, frühzeitig aufgebaut, können den altersbedingten Abbau verhindern.

Es ist jedoch auch im späteren Leben nie zu spät, mit dem Krafttraining zu beginnen, da es viele Beschwerden signifikant lindern kann, wie die Ergebnisse der Erlanger Fitness und Osteoporose Präventions-Studie (EFOPS) belegen.

Muskeltraining verbessert die Haltung und beugt Rückenschmerzen vor

Statista zufolge leidet jeder dritte von uns gelegentlich an Rückenschmerzen. Bist du auch betroffen?

Häufig ist mangelnde Bewegung die Ursache. Physiotherapeuten monieren, dass viele Patienten zu wenig für ihre Rückengesundheit tun, was zu zunehmenden Schmerzen führt. Besonders das vermehrte Arbeiten im Homeoffice verstärkt das Problem.

Nach Rücksprache mit einem Trainer solltest du gezielt die Muskulatur in Rücken, Brust, Schultern, Bauch und Gesäß stärken. Studien belegen, dass du so deine Beschwerden in den Griff bekommst. Zudem verbessert sich deine Haltung, was zu mehr Selbstvertrauen im Alltag führt.

Progressives Krafttraining stärkt deine mentale Leistung

Bereits bevor die Muskulatur durch die Belastungsreize stimuliert wird, kommt es zur Ausschüttung von Botenstoffen (Myokine) durch die einzelnen Muskelzellen.

Muskeltraining fördert nicht nur die Neubildung von Nervenzellen und die Gehirndurchblutung, sondern erhöht auch die Stressresistenz deines Körpers. Es macht dich sogar schlauer, da Studien belegen, dass Krafttraining die Wahrnehmungsfähigkeit verbessert.

Außerdem hilft es dir, dich auf eine einzige Aufgabe zu konzentrieren. In einer Welt, in der Multitasking zur Norm geworden ist, wird die Fähigkeit, äußere Einflüsse auszublenden und die Aufmerksamkeit zu schärfen, immer wichtiger. Du wirst bemerken, wie vorteilhaft dieser Fokus ist, wenn du dich bewusst nur einer Sache widmest. Deshalb solltest du während des Krafttrainings dein Handy beiseitelegen.

Dein Immunsystem wird widerstandsfähiger

Dein Immunsystem schützt dich vor Krankheitserregern, und obwohl es kein Muskel ist, lässt es sich dennoch stärken. Zum Beispiel fördert Krafttraining durch die Ausschüttung von Adrenalin nicht nur den Blutdruck, sondern auch die Produktion von Immunzellen, wie wissenschaftliche Studien belegen. Ein gestärktes Herz verbessert zudem die Durchblutung des Körpers, was wiederum die Verteilung von immunkompetenten Zellen optimiert. Diese Methoden tragen dazu bei, dein Immunsystem zu boosten.

Beim Muskelaufbautraining entstehen kleine Risse, sogenannte Mikrotraumata, in den Muskelfasern. Sie sorgen für das unangenehme Brennen beziehungsweise den Muskelkater. Dein Körper nimmt dies als Entzündung wahr und sendet umgehend entzündungshemmende Botenstoffe an die jeweiligen Muskeln. Die Freisetzung ist somit gleichzusetzen mit einer Übung für das Abwehrsystem, sodass die Abläufe für künftige Eindringlinge und Krankheitserreger geprobt werden.

Mit jedem Training wird das Immunsystem stärker und effektiver Die Schlussfolgerung: Wer regelmäßig Krafttraining betreibt, hat ein stärkeres Immunsystem und wird seltener krank als jemand, der auf vergleichbare Belastungen verzichtet.

Kraftsport verbessert deinen Stoffwechsel und hilft beim Abnehmen

Krafttraining und der Aufbau von Muskeln sind nachweislich effektive Wege, um unerwünschtes Körperfett zu reduzieren, wie zahlreiche Studien belegen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Kalorien nicht nur während, sondern auch nach dem Training verbrannt werden.

Der sogenannte Nachbrenneffekt kann bis zu 48 Stunden anhalten, und Muskelgewebe verbraucht kontinuierlich Energie – sogar in Ruhephasen und während des Schlafs.

Ein höherer Muskelanteil steigert somit deinen Grundumsatz, was zu einem erhöhten Kalorienverbrauch führt und das Abnehmen beschleunigt.

Muskeltraining verbessert deine Stimmung

Vielleicht hast du es selbst bereits deutlich nach einem Workout gespürt:

Krafttraining sorgt für gute Laune! Jede Art von sportlicher Betätigung setzt Glückshormone frei – du fühlst dich danach wacher, beschwingter und entspannter. Gemäß einer Studie der University of Limerick in Irland wirkt sich gerade Kraftsport, vorausgesetzt, er wird regelmäßig betrieben, aber auch positiv auf Ängste und psychische Erkrankungen wie Depressionen aus.

Aber selbst, wenn es dir mental gut geht, kann das Training dein Selbstbewusstsein pushen und nach einem miesen Tag garantiert deine Stimmung heben.

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Erwähnte Quellen:

Lui, Yanghui et al. (2019): Associations of Resistance Exercise with Cardiovascular Disease Morbidity and Mortality. Medicine & Science in Sports & Exercise, https://doi.org/10.1249/MSS.0000000000001822,

Masamitsu Kamada et al. (2017): Strength Training and AllCause, Cardiovascular Disease, and Cancer Mortality in Older Women: A Cohort Study. JAHA, https://doi.org/10.1161/JAHA.117.007677

Kemmler W et al. (2007): Umsetzung leistungssportlicher Prinzipien in der OsteoporoseProphylaxe - Zusammenfassende Ergebnisse der Erlanger Fitness und Osteoporose Präventions- Studie (EFOPS). Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, https://www.germanjournalsportsmedicine.com/fileadmin/content/archiv2007/heft12/Artikel2Kemmler.pdf,

Neil Welch et al. (2015): The effects of a free-weight-based resistance training intervention on pain, squat biomechanics and MRI-defined lumbar fat infiltration and functional cross-sectional area in those with chronic low back. BMJ Journals, https://bmjopensem.bmj.com/content/1/1/e000050

Kathryn M. Broadhouse et al. (2020): Hippocampal plasticity underpins long-term cognitive gains from resistance exercise in MCI. NeuroImage: Clinical, https://doi.org/10.1016/j.nicl.2020.102182,

Ayla Karine Fortunato et al. (2018): Strength Training Session Induces Important Changes on Physiological, Immunological, and Inflammatory Biomarkers. Journal of Immunology Research, https://doi.org/10.1155/2018/9675216,

Johanna K. Ihalainen et al. (2019): Strength Training Improves Metabolic Health Markers in Older Individual Regardless of Training Frequency. Frontiers, https://doi.org/10.3389/fphys.2019.00032,

Brett R Gordon et al. (2017): The Effects of Resistance Exercise Training on Anxiety: A Meta-Analysis and Meta-Regression Analysis of Randomized Controlled Trials. Sports medicine, https://doi.org/10.1007/s40279-017-0769-0,

Clementine Grandou et al. (2020): Overtraining in Resistance Exercise: An Exploratory Systematic Review and Methodological Appraisal of the Literature. Sports medicine, https://doi.org/10.1007/s40279-019-01242-2,

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